Haftbefehl für Bürgermeister

Spaniens Innenminister Jorge Fernández Díaz hat am Mittwoch die Festnahme des Bürgermeisters des andalusischen Dorfs Marinaleda, Juan Manuel Sánchez Gordillo, angeordnet. Trotz dessen Immunität als Abgeordneter des Regionalparlaments in Sevilla hätten Polizei und Guardia Civil den Befehl erhalten, den Politiker der Vereinigten Linken (IULV-CA) zu verhaften.

Hintergrund ist eine Aktion der Andalusischen Arbeitergewerkschaft (SAT) am Dienstag, an der sich Sánchez Gordillo beteiligt hatte. Dabei hatten die Aktivisten in zwei Supermärkten Lebensmittel »enteignet«, um sie kostenlos an Arme zu verteilen. Minister Fernández sagte dazu der Nachrichtenagentur Europa Press, er sei sich »bewußt«, daß es »im Moment Leute gibt, denen es schlecht geht«, doch das Ziel könne nicht die Mittel rechtfertigen. »Als Gesellschaft werden wir nicht tolerieren, daß die Gesetze verletzt werden«, sagte der Politiker. Zu der Tatsache, daß gegen nicht weniger als 20 Prozent der Abgeordneten seiner Partei im Regionalparlament von Valencia wegen Korruptionsverdacht ermittelt wird, sagte er nichts. Die linke Abgeordnete in den Cortes Valencianas, Esther López Barceló, warf ihm deshalb am Mittwoch »Verlogenheit« vor: »Uns regiert eine Partei, die voller Angeklagter wegen Wirtschaftskriminalität ist.«

Unterdessen kündigte die paramilitärische Guardia Civil am Mittwoch die Räumung des seit dem 24. Juli von Aktivisten der SAT besetzten Landguts Las Turquillas an. Das Gelände ist im Besitz des spanischen Verteidigungsministeriums und lag bislang weitgehend brach. Die Bauern fordern die Umwandlung in eine Kooperative und haben bereits mit dem Anbau von Gemüse begonnen (jW berichtete). Obwohl die Räumung für zwölf Uhr mittags angekündigt war, hatte sie bis Redaktionsschluß offenbar noch nicht begonnen.

Erschienen am 9. August 2012 in der Tageszeitung junge Welt; siehe auch: Direkte Aktion