Gouverneur des Tages: Ethan Sonneborn

Ethan ist der aufsteigende Stern am Polithimmel des US-Bundesstaates Vermont. Er will Gouverneur werden und kandidiert deshalb bei den am kommenden Dienstag stattfindenden Vorwahlen der Demokratischen Partei. Seine proklamierten Ziele lesen sich gut: höherer Mindestlohn, Arbeiterrechte und Gesundheitsversicherung für alle. Besonders wichtig ist ihm, junge Menschen aus ihrer Lethargie zu reißen und für Politik zu begeistern.

Bei einem ist ihm das schon gelungen: bei ihm selbst. Ethan ist erst 14 Jahre alt. Er darf selbst nicht wählen, er darf noch nicht Auto fahren – aber er könnte Gouverneur werden. Die Verfassung von Vermont legt nur fest, dass ein Kandidat für das Gouverneursamt seit mindestens vier Jahren dort leben muss. Das ist bei Ethan der Fall, der schon seit 14 Jahren Bürger des Bundesstaats an der Grenze zu Kanada ist. Eine Altersbeschränkung kennen die Gesetze nicht, und so hat auch die Generalstaatsanwaltschaft keine Einwände. Warum auch? Wir reden schließlich von einem Land, in dem der Staatschef das Niveau eines Kleinkinds mit vollgekackten Windeln hat.

Zuverlässige Umfragen gibt es nicht, aber Ethan – ganz Medienprofi – zeigt sich überzeugt, dass sein Ergebnis besser sein wird, als viele erwarten. Der republikanische Amtsinhaber Phil Scott sah sich jedenfalls bereits gezwungen, auf den möglichen Herausforderer zu reagieren. Seiner Meinung nach sollte ein Gouverneur bei Amtsantritt »zumindest schon in der Lage sein, seinen Führerschein zu bekommen«.

Haben wir noch was vergessen? Ach ja, den Nachnamen des Kandidaten. Er heißt Sonneborn. Wirklich! Expandiert die Partei »Die PARTEI« etwa nach Übersee? Ihr Chef Martin Sonneborn, Mitglied des Europaparlaments, gab am Dienstag auf Facebook zu, man habe beschlossen, »in den USA jemanden aufzustellen, der Trump intellektuell mindestens ebenbürtig ist, etwas weniger kindisch, und ihm entschlossen Kontra geben kann«.

Erschienen am 15. August 2018 in der Tageszeitung junge Welt