junge Welt, 2. Juli 2009

Frist für Putschisten

junge Welt, 2. Juli 2009Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat den Putschisten in Honduras am Mittwoch ein Ultimatum von 72 Stunden gesetzt. Entweder wird die demokratische Ordnung in dem zentralamerikanischen Land bis Samstag wiederhergestellt, oder die Mitgliedschaft von Honduras in der OAS wird suspendiert. Eine solche Maßnahme hatte die Organisation bislang erst einmal ergriffen, und zwar 1962 gegen das revolutionäre Kuba. Der Ausschluß Havannas war erst im vergangenen Monat von der OAS-Generalversammlung aufgehoben worden, die damals ausgerechnet in Honduras getagt hatte.

Nach langer Diskussion einigten sich die 34 Außenminister und Botschafter der OAS bei einer außerordentlichen Generalversammlung in Washington auf eine Erklärung, in der die »verfassungswidrige Aufhebung der demokratischen Ordnung« durch das honduranische Militär verurteilt und die sofortige, bedingungslose Wiedereinsetzung Manuel Zelayas in sein Amt als verfassungsmäßiger Präsident des Landes gefordert wird. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza wurde beauftragt, alle diplomatischen Schritte zu unternehmen, um die Demokratie in Honduras und die Wiedereinsetzung Zelayas in sein Amt durchzusetzen, ansonsten werde die honduranische Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung eingefroren. Das würde Honduras von Krediten der Interamerikanischen Entwicklungsbank und anderer multilateraler Finanzinstitutionen ausschließen.

Zelaya, der am Sonntag vom Militär seines Landes verhaftet und außer Landes gebracht worden war, begrüßte die OAS-Entschließung. Es sei das erste Mal, daß die Organisation mit solcher Kraft auf ein derartiges Ereignis reagiere, denn die Resolution verurteile nicht nur die Aggression, sondern fordere auch konkrete Maßnahmen und eine Bestrafung der Verantwortlichen. »Ich kann vergeben, ich bin tolerant, ich praktiziere Gewaltfreiheit, aber die Völker vergeben nicht und die Geschichte verurteilt«, sagte der honduranische Präsident. Zelaya, der am heutigen Donnerstag eigentlich in Begleitung von OAS-Generalsekretär Insulza, Argenti­niens Präsidentin Cristina Fernández, Ecuadors Staatschef Rafael Correa und dem Präsidenten der UNO-Vollversammlung, Miguel d’Escoto, in sein Heimatland zurückkehren wollte. Er kündigte an, das Ultimatum abwarten zu wollen und erst am Sonnabend nach Honduras zu reisen.

Die UNO-Vollversammlung in New York hatte sich am Dienstag ebenfalls für die »umgehende und bedingungslose« Wiedereinsetzung des Staatschefs ausgesprochen. In einer in Zelayas Anwesenheit angenommenen Resolution verurteilte sie den Staatsstreich.

Der honduranische Generalstaatsanwalt Luis Alberto Rubí kündigte für den Fall von Zelayas Rückkehr dessen umgehende Festnahme an, unter anderem wegen »Vaterlandsverrats« und »Machtmißbrauchs«. Die Proteste gegen den Putsch in Honduras gehen ungeachtet einer Ausgangssperre weiter. Zehntausende Menschen forderten in Tegucigalpa und anderen Städten die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse. Der Gewerkschafter Angel Alvarado, der Mitglied der Nationalen Widerstandsfront gegen die Putschisten ist, berichtete gegenüber dem venezolanischen Sender YVKE Mundial von Demonstrationen und Straßenblockaden in 23 Orten im ganzen Land. So seien allein in San Pedro Sula, der zweitwichtigsten Stadt des Landes, 10000 Menschen auf die Straße gegangen und Opfer brutaler Unterdrückung durch Soldaten und Polizisten geworden.

Erschienen am 2. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt