Fahndungserfolg des Tages: Piotr Lewtschow

Barcelona ist irgendwie kein gutes Pflaster für russische Touristen. Wie der russische Sender RT am Montag berichtete, ist dort am Wochenende ein 36jähriger Informatiker aus St. Petersburg festgenommen worden. Die Beamten der Nationalpolizei brachen in das Apartment ein, in dem Piotr Lew­tschow mit seiner Frau und seinem Kind Urlaub machte. Als die Gattin von den Polizisten einen Durchsuchungs- oder Haftbefehl sehen wollte, wurde ihr beschieden, diese seien ihrem Mann schon gezeigt worden. Der erklärte später, man habe ihm ein Papier ohne Stempel oder Unterschriften vorgelegt, das komplett auf Spanisch gewesen sei und ein schlechtes Foto von ihm enthalten habe. Ihm wird offenbar vorgeworfen, sich in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingemischt zu haben. Die Rede ist davon, dass Lewtschow einen Virus programmiert habe, der auf irgendeine Weise zum Wahlsieg von Donald Trump beigetragen haben soll. In manchen Medien wird spekuliert, dass es um die gehackten E-Mail-Konten der Demokratischen Partei gehen könne, deren Veröffentlichung im Wahlkampf Hillary Clinton in Bedrängnis brachte.

Schon im Januar war ein anderer russischer Informatiker, Stanislaw Lisow, ebenfalls in Barcelona aufgrund eines Haftbefehls aus den USA inhaftiert worden. Er wurde in ein Gefängnis nahe Madrid überführt, wo er bis heute auf die Anklageerhebung wartet. Die US-Behörden haben offenbar erst vor wenigen Tagen seine Auslieferung beantragt.

Fassen wir also zusammen: Da wird im Januar ein russischer Informatiker auf Betreiben der USA in Barcelona verhaftet. Und wo macht dann sein mutmaßlicher Komplize Urlaub? Natürlich in Barcelona, damit ihn die Polizei nicht so lange suchen muss. Läuft das noch unter »die Öffentlichkeit für blöd verkaufen«, oder ist das schon Hacking der menschlichen Intelligenz?

Erschienen am 11. April 2017 in der Tageszeitung junge Welt