Erfolg für Vizcarra

Perus Präsident Martín Vizcarra kann jubeln: Mit überwältigenden Mehrheiten sind die Wahlberechtigten des südamerikanischen Landes am Sonntag seinen Vorschlägen zu Verfassungsänderungen gefolgt. Der Staatschef, der das Amt im März nach dem Rücktritt des Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski übernommen hatte, will durch eine Reihe von Reformen Konsequenzen aus Korruptionsskandalen ziehen, die das Land seit Monaten erschüttern. Unmittelbarer Anlass für seine Initiative war die Veröffentlichung von Tonaufnahmen im vergangenen Sommer, die die Verwicklung von Abgeordneten, Richtern, Staatsanwälten und Unternehmern in Stimmenkauf und andere Machenschaften belegten.

Bei einer Beteiligung von knapp 78 Prozent der Wahlberechtigten stimmten 86,6 Prozent der Peruaner für die Einführung eines neuen Kontrollorgans, das die als bestechlich geltende Justiz überwachen soll. 85,9 Prozent votierten für den Erlass eines Gesetzes zur Kontrolle der Parteien- und Wahlkampffinanzierung, während 85,8 Prozent für ein Verbot der direkten Wiederwahl der Parlamentsabgeordneten stimmten. Das bedeutet, dass keine der aktuell im Kongress vertretenen Personen bei der regulär 2021 anstehenden Wahl wieder antreten darf. Abgelehnt wurde dagegen mit 90,3 Prozent der Vorschlag, durch die Wiedereinführung des Senats zu einem aus zwei Kammern bestehenden System zurückzukehren. Diese Reform der Legislative war ursprünglich ebenfalls von Vizcarra vorgeschlagen worden. Nachdem die Formulierung des Antrags von einer Mehrheit der Abgeordneten jedoch umgeschrieben wurde, rief der Präsident zur Ablehnung des Vorschlags auf. Unter anderem hatten die Parlamentarier die Befugnisse des Staatschefs zur Auflösung des Kongresses der Republik Peru einschränken wollen. Zudem wurde befürchtet, dass ihre Version des Zweikammernparlaments dazu dienen sollte, das Verbot der Wiederwahl auszuhebeln, indem sich die bisherigen »Congresistas« nun als Senatoren oder Abgeordnete des Unterhauses hätten bewerben können.

Das Ergebnis bedeutet eine schwere Niederlage vor allem für die »Fuerza Popular« (FP) von Keiko Fujimori, der Tochter des in den 1990er Jahren herrschenden Exdiktators Alberto Fujimori. Ihre Partei verfügt über eine Mehrheit im Kongress und rief dazu auf, alle Vorschläge des Präsidenten abzulehnen.

Der Abgeordnete Víctor Andrés García Belaunde von der sich als sozialdemokratisch verstehenden APRA-Partei, deren Abgeordnete häufig mit der FP stimmen, forderte den Staatschef bereits zur Auflösung des Kongresses und zur Ausrufung von Neuwahlen auf. In der linksliberalen Tageszeitung La República warnten Verfassungsrechtler, dass die FP und ihre Unterstützer im Parlament versuchen könnten, die Inhalte der beschlossenen Reformen durch neue Gesetze zu verfälschen. So muss der Kongress das Organgesetz zur Einführung des neuen Justizkontrollgremiums verabschieden.

Perus zersplitterte Linke präsentierte sich auch bei diesem Referendum uneinig. Während das Linksbündnis »Frente Amplio« (FA, Breite Front) dazu aufrief, leere Stimmzettel abzugeben, unterstützte die Bewegung »Nuevo Perú« (Neues Peru) – die im vergangenen Jahr als Abspaltung von der FA entstand und an deren Spitze die frühere Präsidentschaftskandidatin Veronika Mendoza steht – die Vorschläge des Präsidenten. Die Peruanische Kommunistische Partei (PCP) rief dazu auf, dreimal mit Nein zu stimmen, weil es sich lediglich um kosmetische Vorschläge handle. Mit Ja sollte nur für das Verbot der Wiederwahl der Abgeordneten votiert werden, »damit alle abhauen«. Die Kommunisten fordern die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, um das Land grundsätzlich zu erneuern.

Erschienen am 11. Dezember 2018 in der Tageszeitung junge Welt