Eiertanz in Managua

Die unter Kontrolle der Putschisten eingesetzte Regierung von Honduras scheint kurz davor zu stehen, ihre internationale Isolation zumindest in Mittelamerika zu überwinden. Am vergangenen Freitag (Ortszeit) empfing Nicaraguas Präsident Daniel Ortega im Protokollbereich des Flughafens von Managua überraschend den honduranischen Staatschef Porfirio Lobo zu einer als »privat« deklarierten Unterredung. Anschließend fuhren beide in das Gebäude der Regierungspartei FSLN, wo sie mehrere bilaterale Abkommen unterzeichneten. Obwohl Ortega es also vermieden hat, Lobo mit den offiziellen Ehren eines Staatschefs und im Präsidentenpalast zu empfangen, wurde das Treffen international als Anerkennung der honduranischen Regierung durch den sandinistischen Staatschef wahrgenommen. Dafür spricht auch die vereinbarte Wiederaufnahme der Arbeit verschiedener bilateraler Kommissionen, die nach dem Putsch vom vergangenen Juni auf Eis gelegt worden waren.

Nur wenige Stunden später versuchte Ortega dann bei einem Treffen der linken Parteien Zentralamerikas und der Karibik, zu dem sich unter anderem Vertreter aus Honduras, Mexiko, Kuba, El Salvador, Puerto Rico und Guatemala in Managua eingefunden hatten, seinen Kurswechsel zu erklären. Nach einer erneuten scharfen Verurteilung des Staatsstreichs, für den er vor allem die USA verantwortlich machte, sagte der nicaraguanische Präsident: »Wir haben uns gestern hier mit dem Präsidenten von Honduras, Lobo, getroffen. Wir haben das Problem der gemeinsamen Seegrenze im Golf von Fonseca diskutiert und einige Vereinbarungen getroffen, denn wir haben hier eine Situation, die zu militärischen Spannungen geführt hat. Es war wichtig, eine Form zu finden, diesen Konflikt zu entschärfen.«

Ebenfalls auf der Agenda Ortegas hatte für Sonntag auch ein Treffen mit den Präsidenten von El Salvador und Guatemala, Mauricio Funes und Álvaro Colom, gestanden. Dabei sollte es ebenfalls um eine »Normalisierung« der zentralamerikanischen Zusammenarbeit gehen, die seit dem Putsch eingefroren ist. Beide Kollegen Ortegas haben das Regime in Tegucigalpa längst anerkannt, und es wurde vermutet, daß die häufigen Kontakte beider Staatschefs in den vergangenen Wochen vor allem dazu dienten, den Widerstand des Nicaraguaners gegen eine Anerkennung Lobos zu brechen. Obwohl dies nun offenbar Erfolg hatte, mußte die Konferenz kurzfristig verschoben werden, nachdem Funes nur wenige Stunden vor Beginn »Terminschwierigkeiten« geltend machte und seine Teilnahme absagte. Ortega und Colom vereinbarten daraufhin, das Treffen ganz sein zu lassen, nachdem beide Politiker bereits am vergangenen Donnerstag zu einem kurzen bilateralen Treffen zusammenkamen. »Terminschwierigkeiten« sind eine beliebte Formulierung der internationalen Diplomatie, wenn die wahren Gründe für eine Entscheidung nicht gesagt werden sollen. Darüber, was wirklich hinter dem Rückzieher Funes’ steckt, kann momentan nur spekuliert werden.

Erschienen am 13. April 2010 in der Tageszeitung junge Welt