DJ des Tages: Nicolás Maduro

Man könnte meinen, Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro hätte eigentlich genug zu tun. Die Opposition droht für Donnerstag mit einem Marsch auf den Präsidentenpalast Miraflores im Zentrum von Caracas. Unterstützer der Regierung mobilisieren zeitgleich zu einer Großdemonstration auf der zentralen Verkehrsachse Avenida Bolívar, um den Rechten den Weg zu versperren. Seit Sonntag laufen die vom Vatikan vermittelten Verhandlungen zwischen der Regierung und ihren Gegnern. Das Kabinett bemüht sich um Vereinbarungen mit anderen erdölfördernden Ländern, um die Preise auf dem Weltmarkt wieder nach oben zu bekommen. Und dann müssen auch noch Maßnahmen gegen die Warenknappheit in den Geschäften gefunden werden. Aber Maduro ist offenbar noch nicht ausgelastet.

Am Dienstag mittag (Ortszeit) startete der Präsident sein eigenes Musikprogramm auf Radio Miraflores. Diesen Sender hatte der Staatschef erst Anfang Oktober als weiteren Staatskanal neben dem offiziösen Radio Nacional de Venezuela eingeweiht, um eine weitere »Stimme der Wahrheit« zu haben. Nun will er die Bürger täglich von Montag bis Freitag in der Mittagszeit zwei Stunden lang mit Musik versorgen. In »La Hora de la Salsa«, der »Stunde der Salsa«, plauderte er zum Auftakt entspannt mit einem Moderator des Senders über die Ursprünge dieses lateinamerikanische Musikstils. Daneben soll es künftig auch um andere kulturelle und politische Themen gehen.

Es ist in Venezuela schon eine Tradition, dass der Staatschef mit eigenen Sendungen vor die Mikrofone tritt. Begründet hat sie der 2013 verstorbene Staatschef Hugo Chávez, der jeden Sonntag stundenlang sein »Aló Presidente« zelebrierte. Sein Nachfolger eiferte ihm in kleinerem Rahmen mit seiner Fernsehsendung »En Contacto con Maduro« nach. Nun also Musik. Na ja, wenn es der Wahrheitsfindung dient …

Erschienen am 2. November 2016 in der Tageszeitung junge Welt