Caracas drückt aufs Tempo

Zuerst wurden sie über Monate hinweg immer weiter hinausgeschoben – nun können sie nicht schnell genug stattfinden: Die eigentlich für den 10. Dezember angesetzten Wahlen der Gouverneure in den 23 Bundesstaaten Venezuelas finden bereits im Oktober statt. Das beschloss am Sonnabend die verfassunggebende Versammlung.

Der Abgeordnete Earle Herrera, der den entsprechenden Vorschlag am Freitag eingebracht hatte, begründete seinen Vorstoß mit den Erfahrungen der Wahl zur Constituyente am 30. Juli. Diese seien »ein Balsam« gewesen. Die Abstimmung und die Konstituierung der Versammlung hätten zudem der Welle gewaltsamer Proteste ein Ende bereitet, »die das Land mit Schmerzen, Trauer und Unsicherheit überzogen« habe.

Die Präsidentin der verfassunggebenden Versammlung, Delcy Rodríguez, unterstützte den Vorschlag. Zwar habe sich ein Teil der Opposition für die Regionalwahlen eingeschrieben, zugleich beteilige man sich aber weiter an Ausschreitungen auf der Straße. Das sei »ein absoluter philosophischer Widerspruch«, kritisierte die frühere Außenministerin.

In der vergangenen Woche hatte das Oppositionsbündnis MUD (Tisch der demokratischen Einheit) mehrheitlich entschieden, dass die in ihm zusammengeschlossenen Parteien Kandidaten aufstellen sollten. Begründet wurde das von Sprechern damit, dass man die Regierung zwingen wolle, entweder »alle Bundesstaaten« zu verlieren – oder aber die Verantwortung für die erneute Absage der Abstimmung zu tragen.

Der für die Umsetzung der Regionalwahlen zuständige Nationale Wahlrat (CNE) hat bereits einen neuen Zeitplan zur Vorbereitung festgelegt. Schon Anfang dieser Woche müssen Bewerber demnach alle Unterlagen für ihre Kandidatur einreichen. Als vorläufige Aspiranten hätten sich in der vergangenen Woche über das Internet bereits insgesamt 1.276 Venezolanerinnen und Venezolaner registriert, teilte CNE-Präsidentin Tibisay Lucena am Sonnabend mit. 523 von ihnen hätten ihre Bewerbung »auf eigene Initiative«, also ohne die Nominierung durch eine Partei, eingereicht. Diese überraschend hohe Zahl sei offenbar ein Ergebnis der Kampagne um die verfassunggebende Versammlung, so Lucena.

Mit der Entscheidung, die Wahlen vorzuziehen, hat die von Kadern der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) kontrollierte Constituyente die Zeitplanung der Opposition durchkreuzt. Diese hatte über Vorwahlen in den Bundesstaaten gemeinsame Kandidaten küren wollen – das wird nun kaum noch möglich sein. Doch auch die kleineren Linksparteien werden so vor vollendete Tatsachen gestellt.

Die PSUV hat bereits in der vergangenen Woche ihre Kandidaten nominiert – Rücksicht auf Bündnispartner wie die Kommunistische Partei (PCV) oder die Tupamaros wurde dabei selten genommen. Bei früheren Wahlen hatte ein ähnliches Vorgehen der PSUV zu linken Konkurrenzkandidaturen geführt – und zu Wahlniederlagen des »Patriotischen Pols« gegenüber den Rechtsparteien. Auch diesmal fordern zum Beispiel PCV und Tupamaros im Bundesstaat Portuguesa die Durchführung von Vorwahlen, da sie den von der PSUV als Kandidaten nominierten Bürgermeister von Guanare, Rafael Calles, nicht mittragen wollen. Dagegen zeigten sich im Erdölstaat Zulia die verschiedenen Parteien des »Patriotischen Pols« einig, die Wiederwahl von Gouverneur Francisco Arias Cárdenas zu unterstützen.