Botschafter des Tages: Otto Gebauer

Es gibt viele Witze über Leute, die sich für Napoleon halten. Inzwischen werden sie von Scherzen über einen Herrn abgelöst, der sich einfach mal selbst zum Präsidenten eines südamerikanischen Landes ernannt hat. Die schräge Pointe ist, dass zum Beispiel die deutsche Bundesregierung diesen Typen tatsächlich als Staatschef akzeptiert. Was macht es da schon, dass er im Land selbst nichts zu sagen hat – außerhalb benennt er Botschafter.

Am Dienstag (Ortszeit) verkündete Juan Guaidó nun, wer seine »diplomatischen Vertreter« in zehn Mitgliedsstaaten der EU sein sollen. In feierlichem Tonfall verkündete der Internet-Fernsehsender VPITV, der sich zu Guaidós Sprachrohr gemacht hat, die Namen der Botschafter in den »Republiken« Europas, darunter Spanien, Schweden und Dänemark.

Neuer »Botschafter« Venezuelas in der »Republik Deutschland« soll demnach Otto Gebauer werden. Der ehemalige Hauptmann der venezolanischen Streitkräfte war direkt am Putsch gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez im April 2002 beteiligt. Er gehörte zu dem Kommando, das den gefangengenommenen Staatschef auf die Insel La Orchila entführte. 2010 prahlte er in einem Buch unter dem Titel »Ich habe ihn weinen gesehen« mit seinen Taten. Chávez habe damals darum gebeten, nach Kuba gebracht zu werden, behauptete er. Nachdem der Staatsstreich innerhalb von 48 Stunden durch einen Volksaufstand besiegt wurde, landete Gebauer ein paar Jahre im Gefängnis.

Und so jemand repräsentiert also den laut Bundesregierung »demokratisch legitimierten Übergangspräsidenten« Juan Guaidó in Berlin? Dann sollte man im Gegenzug Beate Zschäpe zur neuen Botschafterin in Caracas ernennen. Bundesaußenminister Heiko Maas wird schon irgendeine neue Geschichte erfinden, warum das ein ganz toller Schritt zur »Wiederherstellung verfassungsmäßiger Verhältnisse« in Venezuela ist.

Erschienen am 21. Februar 2019 in der Tageszeitung junge Welt