Blamierter Norden

Die Rückkehr von Manuel Zelaya am Sonnabend nach Honduras ist nicht nur ein großer Erfolg für die Widerstandsbewegung gegen die Putschisten. Sie ist auch eine Schlappe für Washington, die Europäische Union, die Bundesregierung und die FDP.

Das durch Vermittlung Kolumbiens und Venezuelas erzielte Abkommen, mit dem das Ende des erzwungenen Exils von Zelaya und rund 200 weiteren Menschen und der Beginn eines Demokratisierungsprozesses erreicht wurde, ist in erster Linie durch den nie aufgegebenen Widerstand der honduranischen Freiheitsbewegung und durch das Festhalten an den Sanktionen gegen das Putschregime möglich geworden. Insbesondere Nicaraguas Präsident Daniel Ortega und die ALBA-Staaten hatten allen Initiativen, Honduras unter dem Regime von Porfirio Lobo in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zurückkehren zu lassen, immer wieder eine Absage erteilt. Und auch in Südamerika gab es massiven Widerstand dagegen, den Putschisten doch noch einen Freibrief zu erteilen. So hatten die Regierungen Südamerikas vor einem Jahr gedroht, das EU-Lateinamerika-Gipfeltreffen in Madrid zu boykottieren, sollte Lobo daran teilnehmen dürfen. Schließlich mußte das mächtige Europa vor den Latinos einknicken.

Brüssel, Berlin und Washington hingegen waren nach einer Schamfrist längst wieder zu »Business as usual« zurückgekehrt, zumal deren Strafmaßnahmen kaum mehr als symbolisch gewesen waren. Sie hatten sich mit dem Regime arrangiert, denn politisch kam ihnen der Putsch gelegen. Zu klar war Zelaya im Laufe seiner Amtszeit auf einen linken Kurs eingeschwenkt, der die Profitinteressen der nordamerikanischen und europäischen Konzerne im Billiglohnland Honduras hätte gefährden können.

In Deutschland ist das Versöhnungsabkommen in Honduras vor allem für die FDP und ihre Friedrich-Naumann-Stiftung peinlich. Sie hatten wie keine andere politische Kraft hierzulande den Putsch verteidigt, unter anderem mit dem Argument, Zelaya habe durch das Ziel einer verfassunggebenden Versammlung das honduranische Grundgesetz gebrochen. Nun hat genau dieses Vorhaben Eingang in das zwischen Zelaya und Lobo geschlossene Abkommen gefunden.

Natürlich ist noch offen, wie sich die politische Situation in Honduras weiter entwickeln wird. Die Putschisten sind ja nicht verschwunden, und ihre Bestrafung ist bislang auch nicht vorgesehen. Die reaktionären Kräfte, die im Juni 2009 hinter ihnen gestanden haben, werden eine Rückkehr zum progressiven Kurs in Honduras nicht widerstandslos hinnehmen. Noch ist die honduranische Verfassung nicht geändert, um künftig Volksabstimmungen zu ermöglichen, wie es das Versöhnungsabkommen vorsieht. Noch sitzen im Obersten Gerichtshof die Vasallen der Putschisten, noch ist das Oberkommando der Streitkräfte mit Putschisten besetzt. Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat recht, wenn er dazu aufruft, die Umsetzung des Abkommens auch weiterhin genau zu beobachten.

Erschienen am 30. Mai 2011 in der Tageszeitung junge Welt