Bereit zur Zusammenarbeit

Boliviens Präsident Evo Morales hat am Dienstag (Ortszeit) eine »ökologische Pause« für die besonders von den anhaltenden Waldbränden betroffene Region Chiquitania im Departamento Santa Cruz angeordnet. In den Gebieten, in denen das Feuer gewütet hat, ist bis auf weiteres der Verkauf von Grundstücken untersagt. Damit solle verhindert werden, dass die verbrannten Gebiete zu Spekulationsobjekten von Geschäftsleuten werden, sagte der Staatschef nach einer gemeinsamen Sitzung seines Notstandskabinetts sowie der Befehlshaber von Polizei und Militär in der Kleinstadt Roboré, die Medienberichten zufolge zeitweise von den Flammen eingeschlossen war. Man habe außerdem damit begonnen, einen umfassenden Plan für die Zeit nach den Bränden auszuarbeiten, um eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern und die verlorene Vegetation zurückgewinnen zu können.

Zugleich konnte er Fortschritte bei der Brandbekämpfung melden. Die Feuer im Nationalpark Otuquis im Südosten Boliviens seien gelöscht, so der Staatschef. Dank des Einsatzes der als größtes Löschflugzeug der Welt geltenden Boeing 747-400 »Global Supertanker« habe man innerhalb von zwei Tagen 80 Prozent der Flammen löschen können, die übrigen Brandherde seien von Soldaten, Polizisten und Freiwilligen erstickt worden. So sei auch verhindert worden, dass die Flammen auf die Nachbarländer übergreifen konnten. Das Flugzeug werde jetzt in Concepción eingesetzt, so Morales.

»Wir alle müssen aktiv werden, um unsere Artenvielfalt zu verteidigen«, forderte der Präsident im staatlichen Rundfunk Red Patria Nueva. »Dies ist nicht die Zeit für Proteste, sondern um zu arbeiten.« Er rief zur Unterstützung der Soldaten und Polizisten auf, die bei der Brandbekämpfung eingesetzt sind. »Es gibt hier auch Freiwillige, Zivilisten, ihnen zolle ich meinen Respekt und meine Bewunderung. Und wer nicht nach Chiquitania kommen kann: Es gibt viele Formen, Solidarität mit der betroffenen Bevölkerung und mit den arbeitenden Brüdern und Schwestern zu zeigen.« Morales bedankte sich zudem bei den Nachbarländern für die Unterstützung. So sollten sich ab Mittwoch zwei peruanische Hubschrauber an der Bekämpfung der Flammen beteiligen. Bereits am Sonntag hatte Morales bekräftigt, dass sein Land zu jeder internationalen Zusammenarbeit bereit sei, um die Katastrophe in den Griff zu bekommen.

Ebenso wie zuvor Venezuela hat sich auch Bolivien zudem für eine baldige Sondersitzung der Außenminister der OTCA (Organisation des Amazonischen Kooperationsabkommens), einem Zusammenschluss der Anrainerstaaten des Amazonas, ausgesprochen. Man müsse »grundsätzlich« besprechen, wie solche Brände gemeinsam bekämpft und die Region geschützt werden können, so Morales. Bei einigen seiner Amtskollegen stieß der Vorschlag aber auf Ablehnung, weil sich diese nicht mit Venezuelas Regierung an einen Tisch setzen wollen. Brasilien, Kolumbien, Ecuador und Peru hatten Anfang des Jahres den Putschisten Juan Guaidó als »Präsidenten Venezuelas« anerkannt – dessen realer Einfluss auf die Geschicke des Landes ist jedoch nach wie vor gleich null.

In Caracas und La Paz ist man empört, dass die rechtsgerichteten Regierungen der »Lima-Gruppe« selbst in dieser dramatischen Situation der Aggression gegen Venezuela Vorrang gegenüber der Rettung des Regenwaldes geben. Morales erklärte, man dürfe nicht so »kleinkariert« sein, aus ideologischen Gründen auf die Zusammenarbeit zu verzichten – »das Leben und die Artenvielfalt sind in Gefahr!« Venezuelas Regierung warf den namentlich nicht genannten Staaten in einem am Wochenende veröffentlichten Kommuniqué »zwanghaften ideologischen Fundamentalismus« vor. Dieser sei ihnen wichtiger als die »ethische und rechtliche Verpflichtung, die Urwälder und tropische Fauna des Amazonas-Regenwaldes zu schützen und zu bewahren«.

Erschienen am 29. August 2019 in der Tageszeitung junge Welt