Aufgepeppte Ergebnisse

Nach der Wahlfarce in Honduras sind weitere Unregelmäßigkeiten bekanntgeworden. Seit Sonntag um Mitternacht (Ortszeit) hat das Oberste Wahlgericht (TSE) keine neuen Auszählungsergebnisse mehr veröffentlicht. Wie die in San Pedro Sula erscheinende Tageszeitung Tiempo am späten Montag abend (Ortszeit) berichtete, waren zahlreiche Politiker zu den Auszählungszentren gekommen, die in zwei Hotels der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa eingerichtet worden waren. Dort jedoch mußten die Aspiranten auf Abgeordneten- oder Bürgermeistermandate feststellen, daß keine neuen Informationen über den Fortgang der Auszählung vorlagen. Marvin Ponce von der linken UD, der für das Parlament kandidiert hatte, äußerte die Befürchtung, das Regime wolle die Ergebnisse »aufpeppen«, damit ihm genehme Personen als Sieger aus der Abstimmung hervorgehen. Auf der Homepage des TSE führt der Link zu den offiziellen Resultaten ins Nichts, und auch von der Online-Ausgabe der den Putschisten verbundenen Tageszeitung El Heraldo wurden die Ergebnisse in erstaunlicher Eile entfernt.

Die Gegner des Putschistenregimes gehen davon aus, daß die Abstimmung von rund zwei Dritteln der Wahlberechtigten boykottiert wurde. Für die Nationale Widerstandsfront sagte Alba Ochoa am Dienstag dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur, eigene Untersuchungen hätten eine Wahlenthaltung von 65 Prozent ergeben. Das werde auch von internationalen Organisationen und Journalisten bestätigt, die in den Wahllokalen nur eine geringe Zahl von Personen feststellen konnten.

Trotzdem legen einige Regierungen große Eile an den Tag, um das aus dieser Wahlfarce hervorgegangene neue Regime anzuerkennen. Der erste war Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe, der die Abstimmung in Honduras als »demokratisch, ohne Betrug und nicht anzuzweifeln« feierte und dem künftigen Staatschef Lobo zu seiner »Wahl« gratulierte. Auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Ian Kelly, lobte in Wa­shington, daß die Honduraner »friedlich ihr demokratisches Recht ausgeübt haben, ihre Führer zu wählen«. Die Wahlbeteiligung habe »die der letzten Präsidentschaftswahl übertroffen«, wiederholte Kelly die Behauptungen des Regimes.

Während die Bundesregierung bislang noch nicht offiziell Stellung zur Entwicklung in Honduras genommen hat, preschte der FDP-Abgeordnete und Chef der Friedrich-Naumann-Stiftung, Wolfgang Gerhardt, vor und forderte die EU auf, das Ergebnis der Abstimmung anzuerkennen. »Die Wahlen in Honduras sind eine Chance zur Lösung der Krise – das zeigt die hohe Wahlbeteiligung von über 60 Prozent«, machte sich Gerhardt erneut zum Sprachrohr der Putschisten.

Demgegenüber verweigern Brasilien, Venezuela, Uruguay und zahlreiche weitere Länder der Hemisphäre dem Regime ihre Anerkennung. Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández sagte am Rande des Iberoamerika-Gipfels im portugiesischen Estoril, in Honduras habe »die schlechte Kopie einer Wahl« stattgefunden.

Der am 28. Juni gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, kündigte unterdessen an, er sei nicht bereit, sich wieder in sein Amt einsetzen zu lassen, um dadurch die Wahlfarce nachträglich zu legitimieren. Der honduranische Kongreß will heute über eine Wiedereinsetzung Zelayas in das Präsidentenamt beraten. Diese Sitzung war Ende Oktober im sogenannten »Abkommen San José – Tegucigalpa« vereinbart worden, um noch vor der Wahl zu demokratischen Verhältnissen zurückkehren zu können, wurde dann jedoch vom De-facto-Regime wochenlang hinausgezögert.

Erschienen am 2. Dezember 2009 in der Tageszeitung junge Welt