Auf Schleichwegen

Ein am Freitag verhafteter Unterstützer des gestürzten honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya ist am Samstag an der Grenze zu Nicaragua tot aufgefunden worden. Nur wenige Meter von einer der durch das Militär eingerichteten Straßensperren entfernt entdeckten Anwohner auf einem unbebauten Grundstück den von Folterspuren gezeichneten Leichnam. Wie der lateinamerikanische Nachrichtensender TeleSur berichtete, war Pedro Ezequiel zuvor von der honduranischen Polizei in El Paraíso festgenommen worden, weil er angeblich Marihuana geraucht habe. El Paraíso war am Wochenende zum Treffpunkt Tausender Unterstützer Zelayas geworden, die ihn dort bei seiner Rückkehr nach Honduras empfangen wollten.

Respektvoll behandelt

Mit einem Großaufgebot von Soldaten und Polizei hatten die Putschisten am Freitag erneut eine Rückkehr Zelayas in sein Heimatland verhindert. Für wenige Minuten konnte der Präsident zwar den Boden seines Landes betreten, mußte sich jedoch kurz darauf wieder nach Nicaragua zurückziehen. Die an dem von Reisenden normalerweise als »kleine, freundliche Zollstation« beschriebenen Grenzposten Las Manos stationierten Soldaten hätten ihn zwar respektvoll behandelt und ihm gesagt, sie hätten nichts gegen ihn, so Zelay. Sie hätten ihn jedoch nicht mit Generalstabschef Romeo Vásquez, dem militärischen Führer der Putschisten, verbinden können oder wollen.

Nur wenigen hundert Menschen war es gelungen, über Schleichwege durch die Berge bis unmittelbar an die Grenze zu gelangen, um Zelaya zu begrüßen. Tausende andere wurden von den Straßensperren aufgehalten, die das Militär zwischen El Paraíso und Las Manos errichtet hatte. Wegen eines Verstoßes gegen die von den Putschisten über die gesamte Grenzregion verhängte Ausgangssperre wurde auch Rafael Alegría, einer der bekanntesten Vertreter der Widerstandsbewegung in Honduras, verhaftet, jedoch am Sonntag wieder freigelassen. Zu den Festgenommenen gehören Medienberichten zufolge auch Zelayas Arbeitsministerin Mayra Mejía und der Chef des Nationalen Jugendinstituts, Gustavo Cáceres. Gegen weitere hochrangige Vertreter der rechtmäßigen Regierung wurden durch die Putschisten Haftbefehle erlassen, so gegen Rixi Moncada, die Sprecherin von Zelayas Delegation während der Vermittlung in Costa Rica.

Die Putschisten richten sich offenbar auf eine weiter steigende Zahl von Gefangenen ein. Wie Demonstranten berichteten, ist ein wenige Kilometer von El Paraíso entferntes Sportstadion durch die Militärs zu einem Gefangenenlager umgebaut worden. »Hier ganz in der Nähe gibt es ein Stadion, in dem Spiele der nationalen Liga ausgetragen werden. Es scheint, als wenn sie es so herrichten, daß sie die Leute dorthin bringen können, die sie verhaften«, berichtete ein Augenzeuge der venezolanischen Agentur ABN, die sich an die Situation nach dem Putsch in Chile erinnert fühlte, als das Stadion von Santiago ebenfalls zu einem Gefängnis und Folterkeller umfunktioniert wurde.

Gespräche in Washington

Manuel Zelaya will bis auf weiteres an der Grenze zu Honduras ausharren. »Wir sind entschlossen, bis zu den letzten Konsequenzen zu gehen, um die Demokratie und die Menschenrechte zu verteidigen«, wandte sich Zelaya über Megaphon an seine Anhänger. Auf nicaraguanischer Seite wurde eine Zeltstadt eingerichtet, um die Demonstranten zu beherbergen, die dort »zwei oder drei Tage« auf weitere Unterstützer warten wollen. »Der Sieg ist unser und in unseren Händen«, zeigte sich Zelaya überzeugt. Er wolle auch nicht ausschließen, über einen anderen Punkt der Grenze nach Honduras einzureisen: »Wir können über die Grenze gehen, die wir mit El Salvador und mit Guatemala haben, wir sind überall organisiert. Oder wir können direkt in San Pedro Sula landen, die Hubschrauber sind bereit, ich habe bereitstehende Flugzeuge, und ich habe ein Volk, das mich begleitet«, erklärte Zelaya.

US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte die Aktion Zelayas als »rücksichtslos«. Dies werde nicht dazu beitragen, die demokratische und verfassungsmäßige Ordnung in Honduras wiederherzustellen. Ein Sprecher des Außenministeriums teilte mit, daß Zelaya am Dienstag zu Gesprächen in Washington erwartet werde.

Erschienen am 27. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt