Abschied von García Márquez

Mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen haben Mexiko und Kolumbien Abschied von Gabriel García Márquez genommen. Der Literaturnobelpreisträger war am vergangenen Donnerstag im Alter von 87 Jahren in seiner Wahlheimat Mexiko-Stadt verstorben. Drei Stunden lang zogen am Montag Tausende im Palast der Schönen Künste der mexikanischen Hauptstadt an der Urne mit der Asche des Autors vorbei. Am Dienstag wurde der Verfasser von Werken wie »Hundert Jahre Einsamkeit«, »Chronik eines angekündigten Todes« oder »Die Liebe in den Zeiten der Cholera« mit einer Zeremonie in der Kathedrale von Bogotá gewürdigt. Dabei handelte es sich ausdrücklich um keine Messe, wie Kolumbiens Kulturministerin Mariana Garcés gegenüber Journalisten betonte. Damit nehme man Rücksicht darauf, daß der Verstorbene kein religiöser Menschen gewesen sei und seine Angehörigen gebeten habe, auf kirchliche Trauerfeiern zu verzichten.

 

Neben den rechtsgerichteten Staatschefs von Mexiko, Enrique Peña Nieto, und Kolumbien, Juan Manuel Santos, nahm auch die lateinamerikanische Linke Abschied von einem der ihren. García Márquez hatte sich in seinen Werken immer wieder mit dem Freiheitskampf der unterdrückten Völker solidarisiert. So hatte er sich nach dem Sieg der kubanischen Revolution in Havanna an der Gründung der Nachrichtenagentur Prensa Latina beteiligt. Anfang der 80er Jahre unterstützte er in Reportagen die sandinistische Revolution Nicaraguas, nachdem er 1974 über die Verwicklung der USA in den Putsch gegen Salvador Allende in Chile berichtet hatte. Der frühere kubanische Präsident Fidel Castro ehrte »Gabo« deshalb als »einen innigen Freund« mit einem Kranz, der während der Ehrung am Montag in Mexiko niedergelegt wurde. Auch die kolumbianische Guerilla würdigte den Autoren. Das Land habe »einen der genialsten Söhne seiner Geschichte« verloren, hieß es in einem Kommuniqué der Revolutionären Streitkräfte FARC-EP: »Uns bleiben seine Werke, ein wirklicher Trost und Ermutigung zum Träumen und zum Arbeiten für ein neues Kolumbien.« Die Nationale Befreiungsarmee ELN würdigte García Márquez, dieser habe ein literarisches Universum geschaffen, »das ganz einfach die herzzerreißende Realität der Unterdrückten anklagt«. So sei Macondo, die vom Autor in »Hundert Jahre Einsamkeit« geschaffene fiktive Stadt, das »kleine Heimatland der Verdammten dieser Erde« geworden.

Die Entscheidung über die letzte Ruhestätte des weltberühmten Schriftstellers ist offenbar noch nicht gefallen. Diese liege bei seiner Witwe Mercedes Barcha und den beiden Söhnen Rodrigo und Gonzalo, berichtete die kolumbianische Tageszeitung El Tiempo. Im Gespräch sei demnach, die Asche zwischen Mexiko und Kolumbien aufzuteilen. So würde García Márquez gewissermaßen in Macondo ruhen – überall und nirgends.

Erschienen am 23. April 2014 in der Tageszeitung junge Welt