Zelaya kehrt heim

Der im Juni 2009 gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, wird am kommenden Sonnabend in sein Heimatland zurückkehren, wo er mit einer Großdemonstration begrüßt werden soll. Auch für rund 200 Menschen, die nach dem Staatsstreich aus dem zentralamerikanischen Land flüchten mußten, steht einem Ende ihres Exils nichts mehr im Wege. Die Putschgegner, die sich in der Nationalen Volkswiderstandsfront (FNRP) zusammengeschlossen haben, können sich als politische Partei registrieren lassen und künftig an Wahlen teilnehmen. Das geht aus einem Abkommen hervor, das Zelaya und der gegenwärtige honduranische Staatschef Porfirio Lobo am vergangenen Wochenende im kolumbianischen Cartagena de Indias unterzeichnet haben. Als Zeugen stehen unter dem Papier auch die Namen von Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos und von Venezuelas Präsident Hugo Chávez, auch wenn dieser wegen einer Knieverletzung nicht in das Nachbarland gereist war.

Die beiden südamerikanischen Präsidenten hatten vor einigen Wochen die Aufgabe übernommen, in Honduras zu vermitteln, um Tegucigalpa eine Rückkehr in die internationalen Institutionen zu ermöglichen, aus denen das Regime nach dem Putsch ausgeschlossen worden war. Nun dürfte nichts mehr gegen eine Wiederaufnahme von Honduras in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)sprechen. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza kündigt bereits an, daß ein entsprechender Beschluß möglicherweise bereits am morgigen Donnerstag bei einer außerordentlichen Vollversammlung des Staatenbundes getroffen werden könnte. Bereits am Montag hatten Nicaragua, Guatemala und El Salvador beschlossen, die Beziehungen zu Honduras zu normalisieren und das Land in das zentralamerikanische Integrationssystem SICA zurückkehren zu lassen.

In den vergangenen Monaten war das honduranische Regime wirtschaftlich immer mehr unter Druck geraten. In Folge des Staatsstreichs war das Wirtschaftswachstum des Landes US-amerikanischen Regierungsangaben zufolge allein im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent eingebrochen, während die unmittelbaren Nachbarländer Zuwachsraten verzeichnen konnten. Selbst offiziellen Angaben des honduranischen Statistikamtes zufolge liegt der Anteil der in extremer Armut lebenden Bevölkerung, der am Tag weniger als einen US-Dollar zum Leben hat, bei insgesamt 21,5 Prozent, in den ländlichen Gebieten des Landes sogar bei 34,7 Prozent.

Vor diesem Hintergrund sah sich das Regime von Porfirio Lobo offenbar zu weitgehenden Zugeständnissen gezwungen, die sich teilweise wie eine Kapitulation der Putschisten lesen. In dem Dokument wird nicht nur indirekt eingestanden, daß es sich beim Sturz Zelayas tatsächlich um einen Staatsstreich gehandelt hat, sondern sogar die Möglichkeit der Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung ausdrücklich eingeräumt. Dazu soll mit einer Verfassungsreform die Möglichkeit zu einer Volksabstimmung geschaffen werden. Eine solche Befragung der Bevölkerung, ob diese eine Neuausarbeitung des honduranischen Grundgesetzes befürwortet, hatte den Putschisten im Juni 2009 als Vorwand für ihre Aktion gedient. Nun sieht sich die Widerstandsbewegung als Sieger, denn die verfassunggebende Versammlung war neben der Heimkehr Zelayas ihre zentrale Forderung.

Während Zelaya das Abkommen als »historisch« würdigte, kündigte Venezuelas Präsident Hugo Chávez an, die Umsetzung der Vereinbarung genau verfolgen zu wollen. »Wir wissen, daß es in Honduras innere und äußere Kräfte geben wird, die versuchen werden, dieses Abkommen zu boykottieren«, warnte er am vergangenen Sonntag in seiner wöchentlichen Fernsehsendung »Aló Presidente«.

Erschienen am 25. Mai 2011 in der Tageszeitung junge Welt