Wieder Tote in Táchira

Bei gewaltsamen Ausschreitungen im venezolanischen Bundesstaat Táchira sind am Dienstag zwei Polizisten getötet und vier weitere lebensgefährlich verletzt worden. Hintergrund der Zusammenstöße war eine Aktion von Studenten in San Cristóbal, die gegen eine Erhöhung der Busfahrpreise protestieren wollten. Medienberichten zufolge stürmte eine Gruppe Vermummter aus der Menge heraus einen Bus und überfuhr mit diesem die Beamten. Anschließend steuerten sie das Fahrzeug auf den Campus und flüchteten. Ob die Täter tatsächlich Angehörige der Hochschule waren, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Insgesamt wurden nach Angaben der Tageszeitung El Carabobeño 31 Personen festgenommen, unter ihnen ein Student, der Brandsätze bei sich getragen hatte.

Der im Westen Venezuelas an der Grenze zu Kolumbien gelegene Bundesstaat mit der Hauptstadt San Cristóbal war in den vergangenen Monaten wiederholt Schauplatz gewaltsamer Ausschreitungen radikaler Oppositionsgruppen. Auch paramilitärische Gruppen, die aus dem Nachbarland einsickerten, verübten wiederholt Anschläge. Trotzdem machte die rechte Opposition umgehend die venezolanische Regierung für die Unruhen verantwortlich. Die Parlamentsabgeordnete Leidy Gómez erklärte, die Ereignisse seien »Teil der Gewalt, die die Regierung in ihren Reden schürt«.

Ebenfalls am Dienstag verabschiedete die Nationalversammlung mit der Mehrheit der rechten Opposition in zweiter Lesung ein Amnestiegesetz, durch das die »politischen Gefangenen« auf freien Fuß kommen sollen. Davon sollen vor allem Politiker wie der Chef der Rechtspartei »Voluntad Popular« (Volkswille), Leopoldo López, profitieren, die wegen Anstiftung zur Gewalt verurteilt wurden. Auf ihre Freilassung hoffen können auch die Täter, die in die 2014 von Teilen der Opposition entfesselte Gewaltwelle verwickelt waren, bei der 43 Menschen getötet und 800 verletzt worden waren. Die Vereinigung der Opfer dieser »Guarimbas« protestierte vor dem Parlamentsgebäude gegen die Entscheidung und forderte die Volksbewegung auf, die Umsetzung des Beschlusses zu verhindern. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro kündigte an, sein Veto gegen das verfassungswidrige Gesetz einzulegen. In diesem Fall muss das Verfassungsgericht über den Einspruch des Staatschefs entscheiden.

Erschienen am 31. März 2016 in der Tageszeitung junge Welt