Widerstand in Honduras

Jeden Tag demonstrieren in Tegucigalpa und anderen Städten von Honduras Tausende Menschen gegen die nach dem Putsch vom 28. Juni errichtete Diktatur. An den Protesten, zu denen die Nationale Front gegen den Staatsstreich und die wichtigsten Gewerkschaften aufrufen, beteiligen sich Jugend- und Studierendengruppen, feministische Bewegungen, Bauernvereinigungen und andere. Stets präsent sind jedoch auch gelbe Fahnen mit dem roten Schriftzug »UD«.
Die »Demokratische Vereinigung« (Unificación Democrático, UD) entstand im September 1992 als Zusammenschluß von vier linken Parteien, unter ihnen die aus der Kommunistischen Partei hervorgegangene Partei der Demokratischen Erneuerung. Mit fünf Abgeordneten ist die UD – wenn auch mit großem Abstand zu den großen Fraktionen der Liberalen und der Nationalen Partei – die drittstärkste Fraktion im honduranischen Kongreß. Sie war die einzige Fraktion, die sich geschlossen gegen den Putsch stellte.

Seit dem Staatsstreich leben die linken Abgeordneten in der ständigen Gefahr einer Verhaftung. Als am 28. Juni, nur wenige Stunden nach der Entführung des Präsidenten Manuel Zelayas, in einer Parlamentssitzung dessen Absetzung sowie die Ernennung von Roberto Micheletti zum »Übergangspräsident« angeblich einstimmig beschlossen wurde, waren die fünf UD-Abgeordneten gar nicht erst eingeladen – ebenso wie sechs Parlamentarier, die dem linken Flügel der Liberalen Partei angehören.

Trotz bestehender Haftbefehle reihen sich Silvia Ayala, Marvin Ponce, Marleny Paz und Óscar Mejía regelmäßig in die Großdemonstrationen der Widerstandsbewegung ein. Der fünfte Abgeordnete, César Ham, mußte nach einem Anschlag auf sein Leben aus Sicherheitsgründen ins Ausland gebracht werden. Am Mittwoch haben die Abgeordneten nun ihren endgültigen Rückzug aus dem Parlament angekündigt. Nur nachdem der rechtmäßige Präsident Manuel Zelaya sein Amt wieder übernommen haben werde, werden sie ihre Mandate wieder wahrnehmen, kündigte Silvia Ayala an.

Die Widerstandsbewegung hat unterdessen ihre Strategie der neuen Situation angepaßt. Wie Ayala am Mittwoch mitteilte, soll verhindert werden, daß sich die durch die internationale Isolation erschütterte Wirtschaft während der Herrschaft der Putschisten wieder erholt. Am Mittwoch wurde die Autobahn zwischen Tegucigalpa und der Grenze zu Nicaragua von Demonstranten blockiert, um den Warentransports zwischen beiden Ländern zu behindern. Damit bei den Gesprächen in Costa Rica, die am Donnerstag beginnen sollten, auch die Interessen der der sozialen Bewegungen präsent sind, hat die Widerstandfront eigens eine Kommission benannt, die an den Verhandlungen teilnehmen soll. Wichtigste Forderung der Bewegung ist die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung sowie die Bestrafung der Putschisten.

Die Pläne für eine solche verfassunggebende Versammlung waren der Auslöser für den Putsch. Dieser war genau an dem Tag erfolgt, an dem in einer rechtlich nicht bindenden Volksbefragung festgestellt werden sollte, ob am 29. November parallel zur Wahl eines neuen Präsidenten, der neuen Parlamentsabgeordneten und der Bürgermeister auch über die Einberufung einer solchen Versammlung abgestimmt werden kann. Für die aus diesen Wahlen hervorgegangene neue Regierung wäre das Votum dieser Abstimmung dann bindend gewesen, auch wenn Zelaya entsprechend der Bestimmungen der geltenden Verfassung nicht wieder kandidieren kann. Dieser hatte ohnehin deutlich gemacht, nach dem Ende seiner Amtszeit am 27. Januar 2010 kein zentrales Staatsamt mehr anstreben zu wollen.

Erschienen am 10. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt