Widerstand im Parlament

Die Parteien der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung im Parlament der Autonomen Region fordern die spanische Justiz heraus. »Gemeinsam für Katalonien« (JxCat), »Republikanische Linke« (ERC) und die antikapitalistische »Kandidatur der Volkseinheit« (CUP) haben am Dienstag eine gemeinsame Resolution eingebracht, in der sie die Verurteilung von neun Politikern durch den Obersten Gerichtshof Spaniens verurteilen und die Freilassung der politischen Gefangenen fordern. »Das Parlament von Katalonien drückt seine Empörung angesichts eines ungerechten Urteils aus, das die Ausübung der Grundrechte beschränkt und im Zeichen eines autoritären Abgleitens des Staates steht, das alle Demokraten und nicht nur die Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegung trifft«, heißt es in dem Papier.

Die Juristen des Regionalparlaments warnten bereits, dass der Wortlaut des Antrags gegen ein Verbot des spanischen Verfassungsgerichts verstoße. In der Eingabe heißt es nämlich, dass das Parlament »sooft es die Abgeordneten wollen, die Ablehnung der Monarchie, die Verteidigung des Rechts auf Selbstbestimmung und die Forderung nach Souveränität des Volkes von Katalonien, um selbst über seine politische Zukunft zu entscheiden, bekräftigt und bekräftigen wird«. Eine »Zensur« der Debatte in der Legislative könne nicht hingenommen werden, heißt es in dem Papier der drei Parteien.

Parlamentspräsident Roger Torrent leitete noch am Dienstag die Behandlung des Antrags ein. Das könnte im heutigen Spanien reichen, um ihn hinter Gitter zu bringen: Seine Amtsvorgängerin Carme Forcadell wurde in der vergangenen Woche vom Obersten Gerichtshof zu elf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie ihre »privilegierte Position« als Parlamentspräsidentin genutzt habe, um eine »ungültige parallele Rechtsordnung« zu schaffen.

Die postfranquistische Volkspartei (PP) rief noch am Dienstag Regierungschef Pedro Sánchez auf, das Verfassungsgericht anzurufen. Die Richter müssten den Antrag der drei Parteien von der Tagesordnung des katalanischen Parlaments streichen, verlangte Cayetana Álvarez de Toledo, Sprecherin der PP-Fraktion im spanischen Kongress.

Unterdessen gehen in Katalonien die Proteste gegen das Urteil weiter. Für kommenden Sonnabend rief die Bürgerbewegung »Katalanische Nationalversammlung« zu einer weiteren Demonstration in Barcelona auf.

Erschienen am 23. Oktober 2019 in der Tageszeitung junge Welt