Weihnachtsgeschenk des Tages

Liebhaber zugiger und eiskalter Bahnhöfe können sich auch weiterhin auf die Deutsche Bahn AG verlassen und auf lange Aufenthalte einstellen. Zum Ausgleich können sie sich dann in überfüllten Zügen wieder aufwärmen. Über die Feiertage hat die Bahn nämlich die Hälfte ihrer ICE-Züge auf der wichtigen Strecke von Berlin über Leipzig und Nürnberg nach München gestrichen. Ersatzzüge stünden nicht zur Verfügung, gab ein Bahn-Sprecher am Mittwoch im Nachrichtenradio MDR Info Einblick in die Zustände des Konzerns: »Zur Zeit fährt alles, was fahren kann«. Da das nicht mehr viel ist, werde es in den Zügen, die noch fahren, »sehr, sehr voll werden«. Wenn jemand für einen Zug reserviert habe, der jetzt ausfalle, dann »verfällt leider die Reservierung. Das tut uns auch sehr leid«. Besonders, weil die Bahn gerade erst neben den Fahrpreisen auch die Gebühr für die Sitzplatzreservierung um 25 Prozent erhöht hatte. Grund für das Chaos seien die »Spätfolgen des strengen Dauerfrostes, den wir in den letzten Tagen hatten«. Mit Winterwetter konnte im Dezember ja auch wirklich niemand rechnen, schon gar nicht auf einer Strecke, die auch Winterurlauber nach Bayern bringt. Zumal schon am vergangenen Wochenende und auch auf anderen Strecken Züge reihenweise lange Verspätungen hatten, ohne funktionierende Toiletten oder ohne Speisewagen auf die Strecke geschickt wurden, so daß manch »Fahrgast« von Frankfurt nach Berlin sieben Stunden und mehr brauchte. »Witterungsbedingt« heißt im Bahn-Sprech eben auch weiterhin, daß man bei potentiellen Investoren Schönwetter für den Börsengang machen will. Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte erst vor wenigen Tagen 2014 als neues Datum für das Verscherbeln der Anteile genannt. Bis dahin sollen 14000 weitere Stellen bei der Bahn gestrichen werden. Auch für die kommenden Jahre sind also solche Geschenke der Deutschen Bahn AG gesichert.

Erschienen am 24. Dezember 2009 in der Tageszeitung junge Welt