Wahrheitsliebender des Tages: Juan Guaidó

Das ist also der Typ, den die deutsche Bundesregierung als neuen Präsidenten Venezuelas anerkennen will. Am Wochenende räumte Juan Guaidó gegenüber Anhängern ein, dass er sich mit Regierungsvertretern getroffen habe. Er sei interessiert daran, mit jedem zu sprechen, der ein Ende von Maduros Regime und freie Wahlen unterstützen würde, sagte er. Am Donnerstag hatte er auf die entsprechende Frage einer Fernsehjournalistin noch mit Ausflüchten reagiert.

Denn die »Offiziellen«, die Guai­dó angeblich von einem Sturz des »Regimes« hatte überzeugen wollen, waren der Präsident der Verfassunggebenden Versammlung, Diosdado Cabello, und Freddy Bernal, der unter anderem Chef der staatlichen Lebensmittelversorgung CLAP ist. Dann hätte er auch gleich mit Maduro selbst reden können.

Das Treffen hatte am 22. Januar stattgefunden – nur einen Tag bevor sich Guaidó selbst zum neuen »Übergangspräsidenten« des südamerikanischen Landes ausrief. Am Abend desselben Tages informierte Cabello in seiner wöchentlichen Fernsehsendung »Con el Mazo Dando« über das Gespräch. Als Guaidó dann in besagtem Interview bei Univision rumeierte, präsentierte Venezuelas Informationsminister Jorge Rodríguez Bilder einer Überwachungskamera. Zu sehen sind erst Cabello und Bernal beim Betreten des Lido-Hotels in Caracas, es folgen – wenige Minuten später, wie aus der eingeblendeten Uhrzeit der Kamera hervorgeht – ein mit Kapuze vermummter Typ, den gut erkennbar Parlamentssekretär Roberto Marrero begleitet. Wenn Guaidó das Treffen weiter abstreite, werde man auch noch den Audiomitschnitt der Unterredung veröffentlichen, drohte der Minister.

Das musste Guaidó vermeiden. Denn in dem Gespräch soll er eingeräumt haben, keinerlei Berechtigung für eine Selbstproklamation zum Präsidenten zu haben. Aber es werde starker Druck aus den USA und Kolumbien auf ihn ausgeübt. Voll die stabile Grundlage für ein Regierungsamt.

Erschienen am 28. Januar 2019 in der Tageszeitung junge Welt