Vermisste des Tages: Esambe Hanakita Kojima

Japans Küstenwache hat am Montag eine große Suchoperation aufgenommen. Viel Hoffnung, die Vermisste Esambe Hanakita Kojima wiederzufinden, hat man aber offenbar nicht. Nachdem ihr Verschwinden vor einigen Tagen bekanntgeworden war, herrscht in japanischen Sicherheitskreisen und bei Politikern Unruhe. Man fürchtet um die Größe und Stärke des Landes. Denn die Vermisste ist – zum Glück – kein kleines Mädchen, das den Eltern abhanden gekommen ist. Gesucht wird nach einer Insel.

Das Eiland lag rund 500 Meter vor der Nordspitze der Insel Hokkaido und dem Fischerdorf Sarufutsu. Die höchste Erhebung ragte nur einen guten Meter über den Meeresspiegel hinaus. Offiziell entdeckt und registriert worden war der unbewohnte Flecken 1987. Als nun der Buchautor Hiroshi Shimizu über abgelegene und versteckte Inseln recherchierte, wollte er auch Esambe Hanakita Kojima einen Besuch abstatten, konnte sie aber nicht finden. Ortsansässige Fischer bestätigten ihm, dass man die kleine Insel bis vor einiger Zeit vor der Küste habe sehen können. Nun aber ist sie futsch, auch wenn sie von einigen Navigationsgeräten noch angezeigt werden soll. Hat sie irgendwer geklaut, um sich zu Hause im Swimmingpool eine Insel anzulegen? Waren es die Chinesen? Die Russen? Die Nordkoreaner?

Vermutlich waren es einfach Wind, Wasser, Schnee und Naturgewalten. Sie dürften das nicht gerade große Stück Land zerrieben haben, bis es in der Tiefe des Ochotskischen Meeres verschwand. Für Tokio ist das ein gewisses Problem, denn das Inselchen gehörte zu denen, die Japans Außengrenzen markieren – von ihrer Küste aus berechnet sich die Ausdehnung der Hoheitsgewässer. Es könnte also sein, dass das Territorium Japans künftig »ein bisschen« kleiner sein werde, wie ein Offizier der Küstenwache in der Japan Times einräumte. Etwa ein halber Kilometer steht auf dem Spiel. Deshalb der Befehl an die Offiziere: Findet die Insel, tot oder lebendig!

Erschienen am 6. November 2018 in der Tageszeitung junge Welt