Tränen eines Volkes

Hugo Chávez, der am 28. Juli 1954 geborene Sohn eines einfachen Lehrerehepaars aus Sabaneta im Bundesstaat Barinas, wurde zum Volkshelden, als er am 4. Februar 1992 eine Militärrebellion gegen den damaligen sozialdemokratischen Staatschef Carlos Andrés Pérez anführte. Nach deren Scheitern hatte er im Fernsehen in einer legendären Fernsehansprache die Verantwortung für den Aufstand übernommen. Seine Worte, die Ziele der Rebellion seien nur für den Augenblick, »por ahora«, nicht erreicht worden, wirkten bei den Menschen als Hoffnungszeichen für eine bessere, sozial gerechtere Zukunft. Das Vertrauen der einfachen Bürgerinnen und Bürger Venezuelas, von denen die große Mehrheit vergessen von den Herrschenden in Armut leben mußte, führte ihn am 6. Dezember 1998 zum Wahlsieg. Am 2. Februar 1999 legte er vor den Augen seines greisen Amtsvorgängers Rafael Caldera den Amtseid auf die »dem Untergang geweihte« Verfassung von 1961 ab. Schon mit seiner ersten Amtshandlung begann er, sein zentrales Wahlversprechen umzusetzen, die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung. Im Dezember 1999 wurde dieses neue Grundgesetz, in dem weitreichende soziale Rechte festgeschrieben wurden, in einer Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit verabschiedet.

 

Der Kurs von Chávez provozierte den Widerstand der bis dahin herrschenden Klassen. Am 11. April 2002 putschten sie gegen den Präsidenten, doch das Volk ließ sich seine Revolution nicht rauben. Innerhalb von 48 Stunden erzwangen Millionen Menschen seine Rückkehr. Mit geballter Faust kehrte Chávez in den frühen Morgenstunden des 14. April 2002 in den Präsidentenpalast Miraflores zurück.

20000 Jugendliche aus aller Welt kamen im August 2005 in Caracas zu den XVI. Weltfestspielen der Jugend und Studenten zusammen, bei denen Chávez sie unter Berufung auf Karl Marx und Rosa Luxemburg zum internationalen Kampf gegen Kapitalismus und Krieg aufrief: »Sozialismus oder Barbarei!«

Legendär wurde auch sein Auftritt 2006 vor der UN-Vollversammlung, als er einen Tag nach der Rede von US-Präsident George W. Bush dort feststellte: »Gestern war der Teufel hier – es riecht immer noch nach Schwefel.«

Was von ihm bleiben wird, ist ein geeinteres Lateinamerika, so das antiimperialistische Staatenbündnis ALBA, das er 2004 mit Fidel Castro gründete und dem heute neben Venezuela und Kuba auch Antigua und Barbuda, Bolivien, Dominica, Ecuador, Nicaragua sowie San Vincent und die Grenadinen angehören.

Erschienen am 9. März 2013 als Begleittext zur Fotoreportage in der Tageszeitung junge Welt