Talkshowgast des Tages: Stephen Miller

Donald Trump und CNN werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Der kommerzielle Nachrichtenkanal gehört zu den Lieblingsfeinden des US-Präsidenten, und daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Am Sonntag (Ortszeit) demonstrierte Trump einmal mehr über Twitter seine ganz spezielle Sichtweise und verkündete, dass sein Berater und Redenschreiber Stephen Miller gerade »Jake Tapper von Fake-News-CNN zerstört« habe. Der Moderator der Talkshow »State of the Union« sei »hasserfüllt und unfair«, verkündete der Staatschef.

Damit hat Trump dem gut zwölfminütigen Interview viele weitere Zuschauer beschert. Auf Youtube lag das Video am Montag bereits bei rund 1,3 Millionen Aufrufen und 22.000 Kommentaren. Und nicht wenige der Zuschauer haben einen etwas anderen Eindruck von der Sendung als der US-Präsident. Sie sahen einen Miller, der sich in einen Redeschwall hineinsteigert und seinen Chef gar nicht genug loben kann. Der US-Präsident sei »tatsächlich ein Genie«, der »Selfmademilliardär« sei ein »Phänomen« und natürlich – noch mal – »ein Genie«.

Stephen Bannon – von Januar bis August 2017 immerhin Trumps Chefberater – habe mit dessen Präsidentschaft nichts zu tun, verkündet Miller. Echt nicht? Vor fast einem Jahr, Ende Januar 2017, klang das noch ganz anders. Da war der »innerste Kreis um den Präsidenten« Bannon und Miller.

Irgendwann platzt Jake Tapper schließlich der Kragen: »Ich habe schon verstanden. Es gibt einen Zuschauer, der Sie gerade interessiert, und Sie sind unterwürfig bestrebt, ihm zu gefallen.« Aber neben Trump gebe es noch andere Zuschauer, »und ich denke, ich habe deren Zeit genügend verschwendet«. Spricht’s, wendet sich um und widmete sich der Abmoderation. Im Off hört man derweil Stephen Miller weiterreden. Hauptsache, dem Chef gefällt’s.

Erschienen am 9. Januar 2018 in der Tageszeitung junge Welt