Steuerzahlerin des Tages: Tschechische Kirche

In Tschechien gehört nur jeder sechste Einwohner einer Religionsgemeinschaft an. Trotzdem sollen sie vom Staat mit »Entschädigungen« in Milliardenhöhe gepampert werden. Es geht um die Rückgabe von Großgrundbesitz, der in der sozialistischen Tschechoslowakei einst enteignet worden war, sowie Bauwerke wie die Kirche Zelena Hora und das Schloss Kromeriz. Insgesamt sollen den Gottesanbetern so umgerechnet 2,9 Milliarden Euro zufließen. Hinzu kommen weitere 2,3 Milliarden für Besitz, der nicht zurückgegeben werden kann. Davon sollen allein der Katholischen Kirche rund 80 Prozent zufließen, meldete am Sonntag die Nachrichtenagentur AFP.

Grundlage für den warmen Geldregen sind ein Gesetz aus dem Jahr 2012 und mehrere Abkommen früherer Regierungen mit Kirchen und Sekten. Doch nun gibt es Aufregung. Die Kommunistische Partei hält die Summe für »exzessiv«. Zwar will man sich an die Gesetze und Verträge halten, aber wenn die Religiösen schon so viel Geld bekommen, sollen sie dafür wenigstens Steuern zahlen. Die KP hat ein Gesetz im Parlament eingebracht, wonach auf die Entschädigungszahlungen Steuern in Höhe von 19 Prozent fällig werden. In erster Lesung wurde dieses Vorhaben im Parlament bereits verabschiedet.

Der Klerus schreit Zeter und Mordio. Das sei »ein Skandal«, wettert der Generalsekretär der Katholischen Bischofskonferenz, Stanislav Pribyl, im Gespräch mit AFP. Seinem Verein käme die Pinke gerade gelegen, denn dort hat man ohnehin mangels Gläubigen mit leerstehenden Gotteshäusern zu kämpfen. Der Vatikan hat es in der vergangenen Woche jedenfalls für nötig gehalten, seinen tschechischen Schäfchen Richtlinien zu übermitteln, wie stillgelegte Kirchen genutzt werden dürfen. Radio Prag meldet, dass man in Rom nach einschlägigen Erfahrungen fürchtet, dass dort Diskotheken, Fitnessstudios oder Eisdielen einziehen.

Erschienen am 16. Juli 2018 in der Tageszeitung junge Welt