Spitzentreffen gegen die Krise

Die Außenministerinnen Venezuelas und Kolumbiens, Delcy Rodríguez und María Ángela Holguín, wollen am heutigen Mittwoch im kolumbianischen Cartagena zusammenkommen, um über eine Entspannung der Beziehungen zwischen beiden Ländern zu beraten. Caracas hatte in der vergangenen Woche die Grenze zwischen seinem Bundesstaat Táchira und Kolumbien für zunächst 72 Stunden geschlossen, die Maßnahme am Wochenende aber auf unbestimmte Zeit verlängert. Zugleich verhängte der Staatschef den Ausnahmezustand über die Region. Bei der bilateralen Runde soll nun ein Plan entwickelt werden, um den Grenzverkehr zwischen beiden Seiten auf eine »produktive, gesunde, menschliche sowie das Leben, das Gesetz und das Völkerrecht respektierende« Grundlage zu stellen, erklärte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro am Montag (Ortszeit) in Caracas.

Venezuela macht vor allem von Kolumbien aus operierende Paramilitärs für die Destabilisierung der Lage und wirtschaftliche Schwierigkeiten verantwortlich. So seien seit Schließung der Übergänge zehn Angehörige paramilitärischer Banden festgenommen worden, die in Schmuggel, Entführungen und andere Verbrechen verwickelt gewesen seien. Im venezolanischen Fernsehen wurde ein Unterschlupf der Kriminellen gezeigt, der offenbar dafür vorbereitet worden war, Entführungsopfer zu verstecken. »Die verbrecherischen Paramilitärs Kolumbiens attackieren unser Land«, warnte Maduro. Diese Angriffe erfolgten auf mehreren Flanken, zu denen Verbrechen, Kriminalität und Morde ebenso gehörten wie die Manipulation von Handel und die Währung. Der Staatschef macht die rechte Opposition in Venezuela und politische Kreise um den früheren kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe für die Zuspitzung der Lage verantwortlich. »Jeden Tag konspirieren einige von Bogotá und von der Grenze aus, um die Bolivarische Revolution zu zerstören«, erklärte er am Montag in einer Fernsehansprache. Diese Einmischung müsse beendet werden, forderte er seinen kolumbianischen Amtskollegen Juan Manuel Santos auf.

In den grenznahen Orten Kolumbiens floriert der Handel mit Schmuggelware aus Venezuela. Da die Preise vieler Lebensmittel in der Bolivarischen Republik deutlich günstiger sind als in Kolumbien, werden viele Güter in das Nachbarland gebracht, wo die Preise höher sind. Zudem befindet sich hier auch ein Knotenpunkt des Schwarzhandels mit der venezolanischen Währung.

Erschienen am 26. August 2015 in der Tageszeitung junge Welt