Sieg im Wirtschaftskrieg

Die bolivarische Revolution in Venezuela ist – zumindest in ihrer bisherigen Form – zu Ende. Nach der schweren Wahlniederlage der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) und ihrer Verbündeten am 6. Dezember kann sich der »Große Patriotische Pol« (GPP) zum ersten Mal seit dem Beginn des Prozesses 1999 nicht mehr auf alle öffentlichen Gewalten stützen. Hatten die Sozialisten in der Nationalversammlung bislang eine absolute Mehrheit gehalten, stürzten sie diesmal in der Wählergunst ab und erhielten nur noch 55 der 167 Sitze. Das rechte Oppositionsbündnis »Tisch der Demokratischen Einheit« (MUD) kam dagegen auf 109 Sitze. Zusammen mit den drei Vertretern der indigenen Gemeinschaften, bei denen sich diesmal ebenfalls die Opposition durchsetzen konnte, erreichte die Rechte somit eine Zweidrittelmehrheit.

Diese »qualifizierte Mehrheit« verschafft dem rechten Lager, das aus rund 20 einzelnen Parteien besteht, weitgehende Eingriffsmöglichkeiten, die der Regierung von Präsident Nicolás Maduro das Leben schwermachen dürften. Die Abgeordneten können nicht nur Gesetze verabschieden und bestehende verändern, sondern auch – jeweils mit bestimmten Einschränkungen – die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs (TSJ), des Nationalen Wahlrats (CNE) und sogar die Minister des Regierungskabinetts ablösen. Auch der Vizepräsident kann von der Opposition gestürzt werden. Allerdings kann der Staatschef nach der dritten Absetzung das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Zu den Befugnissen der Opposition gehört künftig auch die Bestätigung oder Ablehnung von Botschaftern, die Ratifizierung internationaler Verträge sowie die Entscheidung darüber, ob sich Maduro länger als fünf Tage im Ausland aufhalten darf. Damit kann das rechte Lager direkten Einfluss auf die Außenpolitik der Regierung nehmen. Auf dem Spiel steht so die Gesamtheit der bisherigen internationalen Strategie des bolivarischen Lagers, neue Allianzen gegen die Vorherrschaft der imperialistischen Zentren USA und EU zu schmieden. In Gefahr sind vor allem die solidarischen Wirtschaftsabkommen wie Petrocaribe, das den Staaten der Karibik und Mittelamerika die Lieferung von Erdöl zu Vorzugsbedingungen gewährt, oder die Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA).

Entscheidend für das verheerende Ergebnis war die für eine Parlamentswahl in Venezuela seit Jahrzehnten höchste Beteiligung, die fast ausschließlich dem Oppositionslager zugute kam. In absoluten Zahlen konnten die Parteien des »Großen Patriotischen Pols« (GPP), dem neben dem PSUV die Kommunistische Partei (PCV), die linksradikalen Tupamaros und andere Kräfte angehören, gegenüber der Wahl 2010 zwar rund 180.000 Stimmen hinzugewinnen, doch die MUD legte um 2,4 Millionen zu. Damit kam die Opposition auf 56,2 Prozent der Stimmen, gegenüber 40,8 Prozent für das linke Lager. Da sich die Mehrheit für die Rechte nahezu flächendeckend manifestierte und nicht wie früher auf die großen Städte beschränkte, profitierte die Opposition diesmal sogar von dem zuvor von ihr heftig attackierten Wahlrecht, das den bevölkerungsschwachen Regionen eine relativ höhere Vertretung in der Nationalversammlung gewährt.

Mängel der Ökonomie

Offenbar hat sich diesmal die »schweigende Mehrheit« zu Wort gemeldet, die sich um die politischen Auseinandersetzungen kaum gekümmert hat, solange es für sie wirtschaftlich und sozial aufwärts ging. Inzwischen sind aber augenscheinlich viele dieser Menschen der ökonomischen Schwierigkeiten überdrüssig geworden. Vor den Supermärkten der großen Städte bilden sich seit Monaten immer wieder lange Schlangen, wenn etwa eine neue Lieferung Maismehl oder Toilettenpapier eingetroffen ist. Die Regierung macht dafür einen seit 2013 systematisch geführten »Wirtschaftskrieg« der Opposition und privater Unternehmer verantwortlich.

Diese Aussage ist richtig. Immer wieder werden in Verstecken gehortete Lebensmittel entdeckt und beschlagnahmt. Dabei geht es den Handelsketten darum, die Finanzpolitik des Staates zu attackieren. Seit 2003 gilt in Venezuela eine Währungskontrolle, die den freien Erwerb von Dollar und Euro einschränkt. Der Grund für die Einführung dieser Maßnahmen war, dass nach dem Scheitern des Putsches gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez im April 2002 sowie des »Generalstreiks« in der Erdölindustrie zwischen Dezember 2002 und Februar 2003 von der Opposition versucht worden war, die Regierung durch massive Kapitalflucht handlungsunfähig zu machen. Das konnte damals gestoppt werden. Unternehmen, die für ihren Außenhandel Devisen brauchen, müssen sich Fremdwährungen seither von staatlichen Stellen zu offiziellen Kursen zuteilen lassen. Dabei stellten sich die Behörden Cadivi (Kommission zur Devisenverwaltung) bzw. seit 2013 Cencoex (Nationales Zentrum für den Außenhandel) als ineffiziente und bürokratische Strukturen heraus, die mit ihren Aufgaben überfordert waren. Gerade kleinere Unternehmen gerieten durch Verzögerungen in der Bearbeitung ihrer Anträge oft in Liquiditätsschwierigkeiten. So breitete sich in den Strukturen auch die Korruption aus. Versuche, die Probleme durch Änderungen bei den Verfahren sowie durch die Einführung verschiedener Wechselkurse zu lindern, sorgten eher für noch größere Verwirrung. Je nach Hintergrund und mit jeweils anderen Einschränkungen kann der Euro derzeit legal zwischen 6,69 und 212,02 Bolívares (Bs.) wert sein, auf dem Schwarzmarkt gibt es sogar Kurse von bis zu 977 Bs. für einen Euro.

Das öffnete der Spekulation und Preissteigerungen Tür und Tor. Um der einfachen Bevölkerung zu garantieren, alle Waren des Grundbedarfs zu angemessenen Preisen erwerben zu können, wurden Preiskontrollen eingeführt. In der zuletzt im Oktober als Gesetz beschlossenen Regulierung wurde etwa festgelegt, dass die Gewinnmarge für in Venezuela produzierte Waren nur bei 30 Prozent liegen darf, bei importierten Gütern nur bei 20 Prozent. Alle Waren sollen demnach mit einem Höchstverkaufspreis gekennzeichnet werden. Dagegen aber richtet sich der Wirtschaftskrieg der Unternehmer. Diese beklagen, die bürokratischen Hürden, der beschränkte Zugriff auf Devisen und die zu niedrig angesetzten Preise würden ihnen keinen Handlungsspielraum lassen. Von seiten der Regierung wird ihnen dagegen vorgeworfen, sich auf Kosten der Bevölkerung bereichern zu wollen.

Folgen der Warenverknappung

Doch die sich seit Jahren wiederholenden Erklärungen der Regierung kamen bei vielen Menschen nicht mehr an. Vor allem aber war nicht zu erkennen, wie der Staat die Lage in den Griff bekommen wollte. In den staatlichen Medien gefeierte Importe großer Mengen der knappen Güter waren ebenso Tropfen auf den heißen Stein wie die im Sommer als Lösung präsentierte Teilschließung der Grenze zu Kolumbien. Dort hatte sich eine Schmuggelwirtschaft in riesigem Ausmaß entwickelt. In Venezuela zu kontrollierten Preisen vertriebene Waren wurden in das Nachbarland verschoben und dort deutlich teurer verkauft. Das konnte durch die Schließung der Übergänge etwas eingedämmt werden, zu einer spürbaren Entspannung in den Geschäften des weit entfernten Caracas führte das jedoch nicht. Auch solche Aktionen wie die Einführung von Fingerabdruckkontrollen an den Supermarktkassen blieben wirkungslos.

Der Journalist und Blogger Víctor Hugo Majano kritisierte am vergangenen Montag im staatlichen Radio Nacional de Venezuela, dass führende Funktionäre die Folgen der Warenverknappung für die einfachen Menschen ignoriert hätten. »Täglich zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse notwendige Aktivitäten wie das Nutzen eines öffentlichen Transportmittels, das Besteigen der Metro, der Kauf eines Produkts werden von diesen normalerweise nicht durchgeführt. Dadurch hören sie mit der Zeit auf, die Folgen von Problemen zu verstehen, die deshalb von ihrer Agenda verschwinden. Alles deutet darauf hin, dass dies mit den Effekten des Wirtschaftskriegs geschehen ist, und oft musste man feststellen, dass Beamte oder Medien des Staaten seine konkreten Folgen versteckten und kleinredeten, was auch ihr Verständnis und die Suche nach Lösungen einschränkte.« Als weitere Punkte nannte Majano die Ineffizienz und den Bürokratismus der öffentlichen Verwaltung, bei der sich »sozialistische« und bürgerliche Beamte nicht unterschieden, sowie die ewige Korruption, die von seiten der Regierung nicht entschieden genug bekämpft werde. Deshalb habe ein Teil der Wähler diesmal gesagt: Die einen schaffen es nicht, dann sollen es die anderen probieren.

Davon profitierte nur die von den privaten Medien sowie ausländischen Institutionen geförderte und finanzierte Oppositionsallianz MUD. Völlig bedeutungslos blieben dagegen die »unabhängigen« Kandidaturen. Weder die sozialdemokratische »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) noch trotzkistische oder maoistische Kleinparteien oder die religiös geprägte Nuvipa (Neue Vision für mein Land) konnten nennenswerte Ergebnisse verzeichnen und blieben meist unter einem Prozent der Stimmen. Im neuen Parlament sind sie nicht vertreten.

Die MUD dagegen konnte am 6. Dezember flächendeckend Erfolge feiern, selbst in Hochburgen des linken Lagers. Sogar im »23 de Enero«, dem für seine kämpferischen Traditionen bekannten Viertel der Hauptstadt, lagen am Ende die Rechten knapp vorn. Mit 48,64 Prozent gewannen sie vor den Parteien des Großen Patriotischen Pols, die zusammen auf 48,16 Prozent kamen. Vor fünf Jahren hatten die Sozialisten hier noch unangefochten mit 61,1 Prozent gesiegt.

Nach außen war dieses politische Erdbeben am Sonntag im »23 de Enero« zunächst nicht spürbar gewesen. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass in diesem Viertel die Mehrheit für die bolivarische Bewegung gefährdet sein könnte. Fröhlich feierten die Menschen auf den Plätzen vor den Wahllokalen und ignorierten das für das Wochenende geltende Alkoholverbot. Abgestimmt wurde auch hier in Schulen, Kindergärten und akademischen Einrichtungen. Wer etwa in der »Bolivarischen Vorschule Oly Clemente« zu wählen hatte, kam auf dem Weg dahin nicht nur an einer Büste für Manuel Marulanda, den 2008 verstorbenen Comandante der kolumbianischen FARC-Guerilla, vorbei, sondern auch an einem großen Wandbild, das den jahrzehntelangen Kampf der Aufständischen im Nachbarland symbolisiert. Auf der anderen Seite hingen zwei große Fahnen: die Trikolore Venezuelas sowie die auf den Bauerngeneral Ezequiel Zamora zurückgehende Fahne mit rotem Stern und der Aufschrift »Freie Heimat und Menschen«. Bekannte begrüßten einander als Genossen, und auch die Gruppe ausländischer Wahlbeobachter – die in Venezuela Wahlbegleiter genannt werden – wurde herzlich willkommen geheißen. Kämpferische Musik schallte aus den Lautsprechern, und Aktivisten riefen Nachbarn an, sie sollten unbedingt noch zur Wahl gehen. Immerhin in diesem Abstimmungslokal gewann die Linke. Knapp 51 Prozent erreichte die Liste der PSUV und der anderen Linkskräfte hier. Doch sogar in dieser Hochburg der revolutionären Bewegung kam die Opposition auf 46,1 Prozent der Stimmen.

Neuanfang bei der Linken

Das Regierungslager hat fast in ganz Venezuela verloren. Nur in sieben der 24 Bundesstaaten (den Hauptstadtdistrikt eingerechnet) konnte der »Große Patriotische Pol« die Wahlen gewinnen. »Es ist uns nicht gelungen, unserem Volk zu zeigen, welche Bedrohung der Kapitalismus darstellt«, räumte Yul Jabour ein, der dem Politbüro der Kommunistischen Partei Venezuelas angehört und wieder in die Nationalversammlung gewählt wurde. Der bisherige Parlamentspräsident und PSUV-Vizechef Diosdado Cabello übernahm im staatlichen Fernsehen VTV die Verantwortung für die Niederlage. Nicht das Volk sei schuld am Erfolg der Rechten, sondern die Führungspersönlichkeiten in Staat und Partei. »Präsident Nicolás Maduro hat alle Minister gebeten, dass sie ihre Ämter zur Verfügung stellen. Wir werden dasselbe in der Partei machen, alle Vizepräsidenten der Partei müssen ihre Ämter zur Verfügung stellen.« Dadurch solle die PSUV »wieder aufgebaut« werden.

Dafür müsste sich die Partei jedoch von ihrem verstorbenen Gründer Hugo Chávez emanzipieren. Die Parlamentswahl vom 6. Dezember war die erste Abstimmung in Venezuela, die keinen direkten Bezug auf den von 1999 bis zu seinem Tod im Jahr 2013 regierenden Präsidenten mehr hatte. Seine letzte Wahl hatte Chávez am 7. Oktober 2012 noch deutlich gewinnen können, doch schon bei der Neuwahl im April 2013 konnte sich der von Chávez persönlich nominierte Nicolás Maduro nur noch knapp gegen seinen Widersacher Henrique Capriles Radonski durchsetzen. Seither ist es ihm nicht gelungen, ein eigenes Profil zu entwickeln. Das »Programm des Heimatlandes«, das Chávez 2012 und Maduro 2013 als Regierungsprogramm vorgelegt hatten, ist bisher nicht ansatzweise umgesetzt worden und spielt sogar rhetorisch keine Rolle mehr. Statt dessen gibt es ständige Bezüge auf den »Ewigen Obersten Comandante«, dessen Augen sogar in das Parteisymbol der PSUV aufgenommen wurden. Eine der zentralen Losungen der PSUV im Wahlkampf lautete »Am 6. Dezember siegt Chávez«. Doch die Forderung an die Bevölkerung, sich für die vielen Wohltaten der vergangenen anderthalb Jahrzehnte dankbar zu zeigen und deshalb den Chavistas die Treue zu halten, zieht nicht mehr.

Die bolivarische Bewegung will sich jedoch nicht kampflos geschlagen geben. Am Mittwochabend (Ortszeit) versammelten sich mehrere tausend Menschen vor dem Präsidentenpalast Miraflores zur ersten »Volksversammlung auf der Straße«, um darüber zu beraten, wie der bevorstehenden Offensive der Rechten begegnet werden kann. Zu der Aktion hatten linke Basisgruppen aufgerufen, nicht der PSUV oder andere Parteien. Trotzdem gesellte sich Präsident Maduro zu den Versammelten und stellte sich von der Ladefläche eines Lastwagens aus den Fragen und der Kritik. »In Venezuela wird die Revolution weder übergeben noch beendet«, versicherte er. Er verwies auf die mehr als 40 Prozent der Stimmen für das revolutionäre Lager: »Die Bourgeoisie sollte wegen unseres vorübergehenden Rückschlags nicht Siegesgesänge anstimmen.« Hätte es den »imperialistischen Wirtschaftskrieg gegen unser Volk« nicht gegeben, wäre die Wahl anders ausgegangen, so Maduro. Er kündigte an, per Dekret ein für drei Jahre gültiges Gesetz zum Schutz der Arbeiter vor den drohenden Übergriffen durch die neue Mehrheit zu erlassen.

Kampf um Arbeiterrechte

Die regierungsnahen Gewerkschaften riefen zum Kampf gegen den Vorstoß des Unternehmerverbandes Fedecámaras auf, der schon Stunden nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses die Aufhebung des geltenden Arbeitsgesetzes (LOTTT) verlangt hatte, in dem weitreichende Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten festgeschrieben sind. »Präsident Nicolás Maduro, zählen Sie auf die Arbeiterklasse«, versicherte der Chef der Bolivarischen Sozialistischen Arbeiterzentrale (CBST), Wills Rangel. »Wir werden niemals zulassen, dass sie auch nur einen Buchstaben oder ein Komma des LOTTT streichen. Dieses Gesetz wurde in einer mehr als sechs Monate dauernden Debatte mit dem Volk erarbeitet, in ihm sind die Rechte der Gesellschaft, die Beteiligung der Frau und der Jugendlichen festgelegt.« Man werde die Bestimmungen des Gesetzes deshalb auf der Straße verteidigen, kündigte der Gewerkschafter an. Zudem forderte Rangel die Verstaatlichung des gesamten Bankensektors, um die nationale Produktion zu stärken.

Die weiteren Perspektiven werden davon abhängen, ob es dem linken Lager, dem »Großen Patriotischen Pol«, gelingt, seine Geschlossenheit zu wahren. Das hängt sehr davon ab, ob der PSUV jetzt zerfällt oder nicht. Zu rechnen ist jedenfalls damit, dass sich Opportunisten, die sich nur wegen lukrativer Posten der Regierungspartei angeschlossen haben, schnell die Seiten wechseln werden. Dabei bleibt abzuwarten, ob die 55 Abgeordnete starke Linksfraktion in der Nationalversammlung zusammenhält, die aus 51 Vertretern des PSUV, zwei Mitgliedern des PCV, einem Aktivisten der Partei PPT (»Heimatland für alle«) sowie einem Abgesandten der kleinen »Vanguardia Bicentenaria Republicana« (VBR) besteht.

im bürgerlichen Bündnis

Auch die Perspektive der MUD ist offen. Die Allianz wird bislang nur von der gemeinsamen Gegnerschaft gegen Maduro und den PSUV zusammengehalten. Doch schon jetzt beginnen Flügelkämpfe zwischen der sozialdemokratischen »Acción Democrática« (AD) und der eher christdemokratischen »Primero Justicia« (PJ) um die Vorherrschaft in der Fraktion. Zwei Nachrücker sitzen sogar noch wegen ihrer Beteiligung an den gewaltsamen Protesten im vergangenen Jahr im Gefängnis und könnten ihr Parlamentsmandat nicht antreten, wenn der entsprechende Abgeordnete ausfallen sollte.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Opposition gemeinsam versuchen wird, auch Präsident Maduro zu stürzen. Dazu könnte sie ab April, wenn die Hälfte seiner Amtszeit abgelaufen ist, ein Amtsenthebungsreferendum anstrengen. Sollten die Rechten dieses gewinnen, gäbe es vorgezogene Präsidentschaftswahlen. Zeit, ihre Wunden zu lecken, hat Venezuelas Linke also nicht. Es geht jetzt darum, die Errungenschaften von 17 Jahren revolutionären Prozesses zu verteidigen oder in die finsteren Zeiten der »Vierten Republik«, also der 40 Jahre dauernden, US-treuen Regierung, zurückzukehren.

Erschienen am 12. Dezember 2015 in der Tageszeitung junge Welt