Sánchez gibt auf

In Spanien wird am 28. April ein neues Parlament gewählt. Das kündigte Ministerpräsident Pedro Sánchez von der sozialdemokratischen Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) am Freitag morgen an und zog damit die Konsequenz aus dem Scheitern seiner Regierung am Mittwoch bei der Abstimmung über den Haushalt. Die Parteien der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung – Republikanische Linke (ERC) und Demokratische Partei (PDeCAT) – hatten dort zusammen mit der rechten Opposition gegen die Vorlage votiert, weil ihnen die Regierung keine ausreichenden Zugeständnisse für eine größere Eigenständigkeit der Region machen wollte.

Scharfe Kritik an diesem Verhalten der Independentistes übte der Chef der Vereinten Linken (IU), Alberto Garzón. Während der Debatte am Mittwoch redete er den Vertretern von ERC und PDeCAT ins Gewissen, dass die in dem Etat vorgesehenen sozialen Verbesserungen »positiv für die Arbeiterfamilien« in ganz Spanien seien, »ob sie in Andalusien, in Madrid, in La Rioja oder in Katalonien« leben. Mit Blick auf den in dieser Woche eröffneten Prozess gegen führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung vor dem Obersten Gericht Spaniens sagte Garzón, er teile den Schmerz der Katalanen, »aber ich kann überhaupt nicht verstehen, wie die Zurückweisung des Haushalts den Dialog befördern soll, für den die Mehrheit dieses Parlaments eintritt«.

Sánchez war erst im vergangenen Juni mit den Stimmen der Vereinten Linken sowie der katalanischen und baskischen Regionalparteien zum Ministerpräsidenten gewählt worden, nachdem sein Vorgänger Mariano Rajoy von der PP über eine der zahllosen Korruptionsaffären seiner Partei gestürzt war. Obwohl die PSOE nur über 84 der 350 Mandate im Parlament verfügt, hatte Sánchez die Bildung einer Koalition abgelehnt und sich mit einer Minderheitsregierung begnügt, die sich für alle Entscheidungen Mehrheiten zusammensuchen musste.

So hatte die IU bei den Verhandlungen über den Etat der PSOE im vergangenen Jahr zahlreiche Verbesserungen abgetrotzt. Beispielsweise sollten eine Reihe von Kürzungen der vergangenen Jahre zumindest teilweise zurückgenommen und der Mindestlohn erhöht werden. Mit dem Scheitern des Haushalts sind diese nun in weite Ferne gerückt, denn nach den aktuellen Umfragen dürfte die Rechte im nächsten Parlament wieder die Mehrheit stellen. Einer aktuellen Prognose des Instituts Celeste-Tel zufolge, über die das Internetportal eldiario.es am Freitag berichtete, dürften die Parteien der Rechten – die postfranquistische Volkspartei (PP), die neoliberalen Ciudadanos (Bürger) sowie die faschistische Vox – zusammen über mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen und auch eine Mehrheit der Sitze im Kongress gewinnen. Berührungsängste zwischen den »demokratischen« Parteien PP und Ciudadanos einerseits und der rassistischen Vox gibt es nicht, das haben sie bei der Regierungsbildung in Andalusien gezeigt. Zudem präsentierten sich die Führer der drei Organisationen auch am vergangenen Sonntag gemeinsam bei einer Großdemonstration »für die Einheit Spaniens« in Madrid.

Erschienen am 16. Februar 2019 in der Tageszeitung junge Welt