»Yo sí puedo – Ich kann es« – Etappenziel bei der Alphabetisierungskampagne in Bolivien erreicht

Inmitten der politischen Spannungen zwischen den oppositionell regierten Departamentos (Regionen) und der Zentralregierung hat Boliviens Präsident Evo Morales einen weiteren symbolträchtigen Erfolg feiern können. Er erklärte das Departamento Santa Cruz als zweite Region des Landes nach Oruro zu einem vom Analphabetismus befreiten Gebiet. Morales war dazu am Vorabend des 41. Jahrestages der Ermordung des legendären Guerrilleros Ernesto Che Guevara in den Bezirk Vallegrande gekommen, wo das Verbrechen damals verübt worden war. In Begleitung des kubanischen Botschafters Rafael Dausá kündigte der Präsident bei einem Festakt an, Bolivien werde sich im Dezember zum dritten Land Lateinamerikas nach Kuba und Venezuela erklären können, das den Analphabetismus beseitigt habe.

Mit Blick auf den Erfolg der Regierungspolitik in dem von der Opposition regierten Santa Cruz betonte Morales: »Wenn Präsident, Präfekt und Bürgermeister zusammenarbeiten, egal welche politische Position sie haben, dann können wir uns dieser historischen Aufgabe stellen.« Bis Ende Dezember sollen 820 000 Erwachsene die Alphabetisierungskurse durchlaufen haben, die meisten von ihnen Frauen. Die auf der in Kuba entwickelten Unterrichtsmethode »Yo sí puedo« (Ich kann es) basierenden Kurse werden nicht nur in Spanisch, sondern auch in den Sprachen der indigenen Bevölkerung abgehalten.

Allein in Santa Cruz lernten in den 27 Monaten, die seit dem Start der umfangreichen Alphabetisierungskampagne verstrichen sind, 128 549 Erwachsene Lesen und Schreiben. Morales gratulierte der Bevölkerung der Region zu diesem »historischen Tag für Bolivien« und dankte allen, die zum Gelingen beigetragen haben. Er selbst konnte nur bis zur sechsten Klasse zur Schule gehen. »Die Helfer aus Kuba und Venezuela kamen nicht nur, um zu alphabetisieren, sondern auch, um uns im Bereich der Gesundheit und der sozialen Sicherheit zu unterstützen und, was das Wichtigste ist, sie tun das völlig bedingungslos. Sie fordern nichts von uns als Gegenleistung – das ist wahre Solidarität!« betonte der Präsident.

Morales zeigte sich auch überzeugt davon, daß Bolivien nicht direkt von der internationalen Finanzkrise betroffen sein werde. »Mag sein, daß sie uns indirekt betrifft, aber seht euch an, was auf den Textilmärkten passiert ist. Sie hatten uns noch nicht einmal richtig die Türen in den USA verschlossen, als schon die Iraner da waren und ihr Interesse anmeldeten, unsere Produkte zu kaufen«, so der Präsident.

Erschienen am 9. Oktober 2008 in der Tageszeitung junge Welt