Risse im linken Bündnis

Am Donnerstag hat die Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) interne Vorwahlen begonnen, um über die Nominierung ihrer Kandidaten für die Wahlen zur Nationalversammlung am 26. September zu entscheiden. Über ein Onlineformular auf der Homepage des Nationalen Wahlrates (CNE) können sich Parteimitglieder bis zum 10. März selbst als Kandidaten vorschlagen. Im Mai sollen dann die offiziell mehr als sieben Millionen Parteimitglieder in geheimer Wahl über ihre 113 Wahlkreiskandidaten abstimmen. Über 52 weitere Kandidaten, die sich über die Parteilisten um einen Sitz im venezolanischen Parlament bewerben, will hingegen die Parteiführung entscheiden. Dadurch sollen Vorschläge aus den mit der PSUV verbündeten Organisationen wie der Kommunistischen Partei (PCV) oder »Heimatland für alle« (PPT) berücksichtigt werden können, um eine Spaltung zu vermeiden. Die stärkste Partei der venezolanischen Linken will so die Konsequenz aus den Regionalwahlen von 2008 ziehen, als Konkurrenzkandidaturen das eigene Lager schwächten und so der rechten Opposition Wahlerfolge in einigen Bundesstaaten und in der Hauptstadt Caracas ermöglicht hatten.

Der PCV und PPT reicht das Entgegenkommen der PSUV hingegen nicht. Sie fordern, die PSUV solle sich einer einheitlichen Kandidatur der »Patriotischen Allianz« öffnen. In diesem Rahmen solle dann über die Kandidaten entschieden werden. Carlos Aquino vom PCV-Politbüro hatte jedoch bereits Ende Februar gewarnt, einige Teile der zentralen PSUV-Führung hätten kein Interesse an einem wirklichen Bündnis. »Wir haben immer gesagt, daß wir auf wahlpolitischer Ebene ein umfassendes Bündnis erreichen wollen. Aber wenn eine Partei dies unmöglich macht, werden wir diesen Weg mit anderen Partnern fortsetzen«, unterstrich er.

Ohnehin belastet ist das Verhältnis von PSUV und PPT, seit der Gouverneur des Bundesstaates Lara, Henri Falcón, am 23. Februar seinen Austritt aus der Sozialistischen Partei und seinen Übertritt zur PPT erklärt hatte. Während Falcón seinen Schritt damit begründete, er halte die »Bürokratie« der PSUV nicht mehr aus, warfen ihm seine früheren Genossen vor, sich dem Druck des Lebensmittelkonzerns Polar gebeugt zu haben. Falcón hatte sich offen gegen Bestrebungen der Zentralregierung gestellt, Grundstücke des Konzerns in Barquisimeto zu enteignen, um dort Wohnungen zu bauen.

Offizielles Ziel der PSUV ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Ihr Abgeordneter Calixto Ortega rechnete im Gespräch mit dem staatlichen Fernsehsender VTV sogar mit zwischen 120 und 130 Sitzen in der 165 Abgeordnete zählenden Nationalversammlung. Die Oppositionsparteien hätten nur das Potential, 30 bis 35 Kandidaten durchzubringen. Das wären allerdings immer noch deutlich mehr als bisher, denn vor fünf Jahren hatten die Oppositionsparteien die Wahl boykottiert und sich so selbst aus dem Parlament katapultiert. Nur die sechs seit der Diskussion um die letztlich gescheiterte Verfassungsreform 2007 in die Opposition gewechselten Abgeordneten der sozialdemokratischen Podemos und einzelne weitere Parlamentarier stehen derzeit einer erdrückenden Mehrheit von PSUV, PCV, PPT und kleineren Organisationen gegenüber.

Trotzdem ist die Bilanz der Parlamentarier ernüchternd. Zahlreiche wichtige Projekte wie das neue Arbeitsgesetz dümpeln seit Jahren in den Gremien vor sich hin. Zugleich gelten zahlreiche Abgeordnete selbst unter den eigenen Anhängern als ideologisch schwach oder gar als korrupt. Das entmutige und frustriere zahlreiche Menschen, warnte deshalb Aquino. »Es gibt Passivität und Demoralisierung, da müssen wir ran«, forderte er.

Erschienen am 6. März 2010 in der Tageszeitung junge Welt