Retourkutscher des Tages: Jorge Arreaza

Lateinamerika brodelt: In Honduras steht Staatschef Juan Orlando Hernández im Verdacht der Verwicklung in Drogengeschäfte, sein Bruder wurde in den USA bereits verurteilt. In Chile geht das Militär gegen Demonstranten vor, Ecuador erlebte Massenproteste, Argentinien steht vor dem Ende des neoliberalen Regimes von Staatschef Mauricio Macri, und auch in Haiti reißen die Demonstrationen gegen die korrupte Regierung nicht ab.

Aber was ist eigentlich mit Venezuela? Lange gab es für die Massenmedien kaum ein anderes Thema als den »Machtkampf« zwischen dem selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó und dem gewählten Staatschef Nicolás Maduro. Doch nun herrscht Stille im Blätterwald. Der Putschversuch ist zerplatzt. Nur Ecuadors Staatschef Lenín Moreno halluziniert von Hunderten Venezolanern, die für die Aktionen gegen ihn ins Land gekommen seien.

In Caracas dürfte man sich über solche Steilvorlagen aus Ländern freuen, die sich wiederholt in die inneren Angelegenheiten Venezuelas eingemischt hatten. Man kann sich vorstellen, mit welchem Grinsen Außenminister Jorge Arreaza am späten Freitag abend (Ortszeit) zwei offizielle Statements verfasst hat, in denen die Regierungen in Santiago und Madrid aufgefordert werden, die Gewalt gegen friedliche Demonstranten zu beenden. »Wir rufen die spanischen Behörden auf, keine Aktionen durchzuführen, die zu einer Eskalation der Spannungen führen«, heißt es da mit Blick auf die Repression in Katalonien. Und Chile wird an seine »internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte« erinnert. Vizepräsidentin Delcy Rodríguez zeigte sich zudem verwundert, dass Chiles Expräsidentin, die aktuelle UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet, noch gar nichts zur Lage in ihrem Heimatland gesagt habe. Im Falle Venezuelas war sie weniger zurückhaltend gewesen.

Erschienen am 21. Oktober 2019 in der Tageszeitung junge Welt