Retourkutsche des Tages: Druiden

Irgendwas haben die Briten da anscheinend mißverstanden. Oder war es eine Retourkutsche? Gut zwei Wochen nach der Missionstournee von Joseph Alois Ratzinger alias Benedikt XVI. durch Großbritannien haben die dortigen Behörden nun das Druidentum offiziell als Religion anerkannt. Damit wird die Gemeinschaft der rund zehntausend Druiden, die die Sonne und die Kräfte der Natur verehren, den christlichen Kirchen gleichgestellt. Die zuständige Kommission erklärte, das Druidentum vertrete einen »schlüssigen und ernsthaften Glauben«, während Radio Vatikan leicht irritiert vermerkte, daß die Druiden selbst sich gar nicht einig seien, ob sie tatsächlich eine Religion oder nicht eher eine »spirituelle Gruppe« seien.

Entsteht Ratzinger und Kollegen etwa eine Konkurrenz, die unbestritten die älteren Rechte hätte? Was außer besonders kinderfreundlichen Pfaffen haben die Katholiken einem Kult entgegenzusetzen, der durch Asterix, Obelix und Miraculix populär ist? Wie gerne hätten in Stuttgart einige unbeugsame Schwaben einen Zaubertrankbrauer, wenn sie von Hunderten Uniformträgern zusammengeschlagen werden?

Ein lokales Phänomen aus Stone­henge und Umgebung sind die Druiden jedenfalls nicht. In den USA sind sie längst als Religion anerkannt. Von dort kommt aber auch eine noch innovativere Herausforderung: die Kirche vom fliegenden Spaghettimonster. Sie wurde 2005 vom Physiker Bobby Henderson gegründet, um die »Kreationisten«, die an den Schulen die Schöpfungslehre anstatt der Evolution gelehrt sehen wollen, mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Wenn es reicht, daß einige Leute an etwas glauben, damit es unterrichtet wird, dann muß an den Schulen eben auch der »Pastafarianismus« gelehrt werden. Größer als die Druidengemeinschaft ist Hendersons Kirche schon, auf ihrer Facebook-Seite bekennen sich über 150000 Leute zu ihr.

Erschienen am 5. Oktober 2010 in der Tageszeitung junge Welt