Republikanerin des Tages: Mary Lou McDonald

Generationswechsel in der irisch-republikanischen Sinn Féin: Bei einem außerordentlichen Parteitag haben die Delegierten die 48jährige Mary Lou McDonald an die Spitze der in beiden Teilen Irlands aktiven Partei gewählt. An ihrer Seite steht als Stellvertreterin ebenfalls eine Frau, die 41jährige Michelle O’Neill. Sie lösen den langjährigen Parteichef Gerry Adams ab, der Sinn Féin seit 1983 geführt hatte.

In den Mainstreammedien löst der Führungswechsel Hoffnungen auf einen angepassteren Kurs der Partei aus. Die Nachrichtenagentur Reuters schrieb etwa am Sonntag: »Die Wahl einer Frau aus der jüngeren Generation, die nicht direkt in den Nordirlandkonflikt verwickelt war, bedeutet einen Bruch der Partei mit ihrer Vergangenheit als politischer Arm der extremistischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA).«

Von einem »Bruch« mit der Vergangenheit war in der in Englisch und Irisch gehaltenen Antrittsrede McDonalds jedoch nichts zu spüren. »Wir erinnern heute an all jene, die in jeder Generation für die irische Freiheit gekämpft haben, an die Frauen und Männer, die für die republikanische Sache auch in harten Zeiten, auch in Zeiten des Krieges einstanden.« Sie stehe als Frau an der Spitze des irischen Republikanismus »auf den Schultern von Gigantinnen«, betonte McDonald, und erinnerte an Constance Markievicz, die 1918 als erste Frau in das britische Unterhaus gewählt worden war – diesen Sitz aber ebenso wie die übrigen Mitglieder der Sinn Féin aus Protest gegen die britische Herrschaft über Nordirland nicht eingenommen hatte. Ab 1919 war sie Arbeitsministerin der Republik Irland – laut Herstory die zweite Frau weltweit, die einem Kabinett angehörte (die erste war Alexandra Kollontai 1917 in Russland).

»Wir sind stolz, auf dem Pfad zu gehen, den so viele republikanische Helden, Frauen und Männer, geebnet haben«, betonte McDonald. Die Einheit Irlands bleibe das Ziel von Sinn Féin.

Erschienen am 12. Februar 2018 in der Tageszeitung junge Welt