Esther López Barceló

»Das wäre ein Attentat auf die Vernunft«

Esther López BarcelóEin Gespräch mit Esther López Barceló

Esther López Barceló lebt in Alicante und leitet den Jugendverband des spanischen Linksbündnisses Izquierda Unida

Im August 2011 soll in Madrid der Weltjugendtag der Katholischen Kirche stattfinden. Ihr Verband kritisiert, daß die spanische Regierung diese Veranstaltung finanziell unterstützen will. Sind Sie Kirchenfeinde?

Nein, wir sind keine Feinde der Kirchen, aber wir glauben an den Rechtsstaat. In unserer Verfassung heißt es, daß Spanien ein konfessionsfreier Staat ist. Damit das Wirklichkeit wird, darf die Regierung nicht einer Kirche besondere Vorteile gewähren. Es besteht die Absicht, inmitten der Krise, in der wir uns befinden, einen Teil der 25 Millionen Euro, die das Treffen kosten soll, zu übernehmen, damit der Papst nach Spanien kommt. Als Jugendorganisation der Vereinigten Linken weisen wir darauf hin, daß das Treffen fälschlicherweise nur Weltjugendtag genannt wird, während der Zusatz »katholisch« weggelassen wird. Das wäre aber wichtig, denn an dieser Veranstaltung können nicht alle Jugendlichen teilnehmen, sondern nur ein Teil der Jugend.

Wieviel Geld will die spanische Regierung zu dem Treffen beisteuern?

Das ist noch ziemlich unklar. Was der Staat bislang angekündigt hat ist, daß er den Unternehmen Steuervorteile gewähren will, die das Treffen subventionieren. Die Antwort auf eine Parlamentsanfrage von uns steht noch aus.

Wie ist die Lage der Jugendlichen in Spanien?

Wir Jugendlichen sind die Bevölkerungsschicht, die von den Wirtschafts- und Finanzspekulationen am härtesten getroffen wird. Wir sind ohnehin der Meinung, daß nicht wir es sein sollten, die diese Krise zu bezahlen haben, aber uns regt noch mehr auf, daß inmitten dieser Situation eine obszöne Summe für eine solche Veranstaltung ausgegeben wird. Wir sind am stärksten von prekären Arbeitsverhältnissen betroffen, und angesichts der steigenden Mieten kann sich kaum jemand eine eigene Wohnung leisten. Wenn der Staat dann bereit ist, einen Teil dieser 25 Millionen für eine eintägige Veranstaltung auszugeben, erscheint uns das als ein Attentat auf die Vernunft.

Im Jahr 2006 besuchte der Papst Valencia. Die sozialdemokratische PSOE kritisierte damals die von der rechten PP geführte Regionalregierung dafür, die Visite gesponsert zu haben. Nun finanziert eine PSOE-geführte Zentralregierung einen solchen Besuch. Ist das kein Widerspruch?

Doch, das ist ein riesiger Widerspruch – die PSOE besteht im wesentlichen aus Opportunisten. Wenn sie in der Opposition ist, verbreitet sie linke Botschaften und wenn sie an der Regierung ist, unterscheidet sie sich kaum noch von der PP. Im sozialen Bereich könnte man meinen, daß die Sozialdemokraten offener sind, aber auf den zweiten Blick sehen wir, daß auch das nicht stimmt. Seit die PSOE an der Regierung ist, hat sie die katholische Kirche sehr viel mehr subventioniert, als es die PP in ihrer Regierungszeit getan hat.

Bereitet der Jugendverband der Vereinigten Linken eine Kampagne gegen den Weltjugendtag vor?

Wir bereiten uns auf eine umfassende Kampagne vor, um die Gesellschaft darüber zu informieren, wieviel diese Veranstaltung den Staat kosten wird und welche Steuergeschenke er den unterstützenden Unternehmern gewähren will. Wir warten nur noch auf die Antwort der Regierung auf unsere Anfrage im Parlament.

Schon Ihre ersten Äußerungen über den Weltjugendtag haben heftige Antworten in katholischen Medien ausgelöst. Befürchten Sie nicht noch schärfere Reaktionen, wenn Sie Ihre Kampagne beginnen?

Wir haben keine Angst, denn wir greifen ja nicht die Kirche an, sondern verteidigen das Recht der Bürger darauf, daß die Verfassung eingehalten wird, daß es eine Trennung von Kirche und Staat gibt. Und wir verteidigen das Recht der Jugendlichen auf einen Ausweg aus der Krise. Wir greifen nicht zu der Demagogie, mit der diese katholischen Medien gegen uns vorgehen, die ständig behaupten, daß wir Kommunisten die Kirchen anzünden wollen und solche Dinge. Was wir verbreiten werden, ist die Wahrheit.

Erschienen am 3. Februar 2010 in der Tageszeitung junge Welt