Putschistenlogik

Absurdes Theater in Tegucigalpa. Das Putschistenregime in Honduras versucht allen Ernstes, Brasilien wegen der »Einmischung in die inneren Angelegenheiten« des Landes vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verklagen. Mit der Aufnahme des vor vier Monaten gestürzten Präsidenten des Landes, Manuel Zelaya, der sich seit dem 21. September in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa aufhält, habe Brasilien internationales Recht verletzt, beklagen dieselben Herren, die den rechtmäßigen Staatschef am 28. Juni frühmorgens aus dem Bett holten und ihn in einem Flugzeug ins Ausland abschoben.

In Brasilien ließ sich davon niemand den Schlaf rauben. Die Klage werde »nicht einmal entgegengenommen«, teilten Vertreter der Regierung in Brasilia lapidar mit. Da die Vereinten Nationen den Putsch verurteilt haben und nach wie vor die Regierung von Manuel Zelaya als rechtmäßige Vertretung des Landes anerkennen, wird auch keine Instanz der Weltorganisation Eingaben des De-facto-Regimes bearbeiten.

Vielleicht hätte jemand den Putschisten den Rat geben sollen, lieber ihre eigene Verteidigungsschrift vorzubereiten. Honduranische Anwälte sowie die Internationale Föderation für Menschenrechte haben nämlich bereits den ebenfalls in Den Haag angesiedelten Internationalen Strafgerichtshof eingeschaltet. Wegen des Staatsstreichs, dem Tod zahlreicher Menschen und der Verfolgung der Gegner des Regimes sollen u. a. Putschistenpräsident Roberto Micheletti, Generalstabschef Romeo Vásquez Velásquez und andere hohe Militärs vor Gericht angeklagt werden.

Erschienen am 30. Oktober 2009 in der Tageszeitung junge Welt