Putschisten wollen dranbleiben

In Tegucigalpa schlägt die Stimmung um. Nach der Euphorie vom vergangenen Wochenende, als die Menschen in Honduras überschwenglich das erreichte Abkommen zwischen den Putschisten und den Vertretern der rechtmäßigen Regierung bejubelt hatten, macht sich nun Ernüchterung breit. Die Putschisten denken ganz offensichtlich nicht daran, die Macht abzugeben. Wie am Mittwoch bekannt wurde, hat der »Übergangspräsident« des Regimes, Roberto Micheletti, einen Brief an den gestürzten Staatschef Manuel Zelaya geschrieben und diesen aufgefordert, Namen für die laut dem Abkommen bis zum heutigen Donnerstag zu bildende Übergangsregierung zu nennen. Ganz offensichtlich hat Micheletti vor, selbst dieser Regierung vorzustehen, denn in dem Schreiben kündigt er an, aus den zehn von Zelaya zu benennenden Personen »die Diener der Öffentlichkeit auszuwählen, die ab dem 6. November der Regierung der nationalen Einheit und Versöhnung angehören« sollen.

Zelaya selbst rief die internationale Gemeinschaft zu erhöhter Wachsamkeit angesichts der neuen Manöver des Regimes auf. »Das Amt des Präsidenten der Republik, den das honduranische Volk verfassungsgemäß für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt hat, steht nicht zur Diskussion,« heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Erklärung. Jede Interpretation des Abkommens außerhalb dieses Kontextes sei inakzeptabel und würde einen erneuten Affront gegen das honduranische Volk und die internationale Gemeinschaft bedeuten.

Zelaya kritisierte außerdem die Haltung der US-Administration. Diese verletze das von ihrem Vertreter Thomas Shannon ausgehandelte Abkommen, wenn sie die für den 29. November vorgesehenen Wahlen anerkenne, ohne daß die Herrschaft der Putschisten überwunden ist. US-Außenministerin Hillary Clinton sei aufgefordert, »dem honduranischen Volk zu erklären, ob sich die Haltung ihres Landes geändert« habe, so Zelaya.

Die zur Überprüfung der Einhaltung des Abkommens gebildete Kommission hat unterdessen am Dienstag ihre Arbeit aufgenommen. Koordiniert wird die Arbeit der Gruppe durch den früheren chilenischen Präsidenten Ricardo Lagos. Außerdem gehören ihr US-Arbeitsministerin Hilda Solis, Jorge Arturo Reina als Repräsentant Zelayas sowie Arturo Corrales als Vertreter Michelettis an.

Erschienen am 5. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt