Putschisten isoliert

Die Putschisten in Honduras gehen mit brutaler Gewalt gegen alle vor, die weiter gegen den Staatsstreich vom Sonntag protestieren. Gegenüber dem lateinamerikanischen Nachrichtensender TeleSur bestätigte der Dokumentarfilmer Angel Palacios am Montag den Tod mindestens eines Demonstranten. Rosel Ulises Peña, ein Angestellter des Telekommunikationsunternehmens Hondutel, sei von einem Militärfahrzeug überrollt und getötet worden, als er versuchte, das Eindringen der Soldaten in die Einrichtungen des Unternehmens zu verhindern. In der Umgebung des Präsidentenpalastes gingen die Truppen gewaltsam gegen die Demonstranten vor, die eine Wiedereinsetzung des verfassungsmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya forderten. Als die Soldaten gegen eine Gruppe der Taxifahrergewerkschaft vorging, die sich dem Generalstreik gegen den Putsch angeschlossen haben, wurde ein Mensch durch Schüsse verletzt. Ärztliche Versorgung wurde ihm Augenzeugenberichten zufolge verweigert, statt dessen wurde der Verletzte zusammen mit anderen Verhafteten an einen unbekannten Ort gebracht.

Zelaya kündigte unterdessen an, er werde am Donnerstag von Nicaragua aus in sein Land zurückkehren. Begleiten wird ihn der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), José Miguel Insulza. Präsident Zelaya sprach zudem eine Einladung an alle Staatschefs der Region aus, ihn ebenfalls zu begleiten. »Der Präsident der Honduraner kehrt zurück, um seine Amtszeit als Präsident zu erfüllen. Ich kehre aus eigenem Entschluß unter dem Schutz Christi und des Volkes zurück. Ich kehre in mein Land zurück und werde die OAS bitten, mich zu begleiten, und ich akzeptiere das Angebot aller, die mich begleiten wollen, denn sie täten das auf Einladung des Staatschefs, es wäre also keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten«, erklärte Zelaya am Montag.

Der gegen ihn gerichtete Staatsstreich stelle einen Rückschritt in eine Zeit dar, in der Lateinamerika mit Gewalt regiert wurde. Die Putschisten versuchten, der großen Bevölkerungsmehrheit seines Landes den Zugang zu einer besseren Zukunft zu verweigern, so Zelaya weiter. »Wir dürfen nicht zulassen, daß die grobe Gewalt wieder über die Vernunft herrscht.«
Nachbarländer reagieren
Das Putschistenregime wird derweil international immer weiter isoliert. Brasiliens Präsident Lula da Silva erklärte, Lateinamerika dürfe nicht zulassen, daß im 21. Jahrhundert wieder ein demokratisch gewählter Präsident durch einen Militärputsch gestürzt werde. Zu den Ländern Lateinamerikas, die ihre Botschafter aus Honduras zurückgerufen haben, gehören Brasilien, Mexiko und Chile. Dabei haben es die Nachbarländer von Honduras nicht belassen. Guatemala, El Salvador und Nicaragua stellten sämtliche Handelsbeziehungen mit Honduras ein und schlossen die Grenzen zum Nachbarland. In einer von den Präsidenten Costa Ricas, El Salvadors, Guatemalas, Honduras, Panama, der Dominikanischen Republik, Belizes und Nicaraguas unterzeichneten Erklärung des Zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) wird u.a. festgelegt, daß alle Kredite und Auszahlungen der Zentralamerikanischen Bank an Honduras ausgesetzt und sämtliche politischen, wirtschaftlichen, finanzpolitischen, sportlichen und sonstigen Kontakte, die als Zusammenarbeit mit den Putschisten interpretiert werden könnten, abgesagt werden. Kein honduranischer Vertreter, der nicht vom rechtmäßigen Präsidenten akkreditiert wurde, darf an Zusammenkünften der SICA teilnehmen. Wenn die verfassungsmäßige Ordnung nicht wieder hergestellt werde, sollen diese Maßnahme schrittweise weiter verschärft werden, bis Manuel Zelaya wieder in sein Amt eingeführt wurde. Es werde keine Regierung anerkannt, die aus diesem Bruch mit der verfassungsmäßigen Ordnung in Honduras hervorgehe, betonten die Präsidenten.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez kündigte an, eine Sondersitzung des energiepolitischen Zusammenschlusses Petrocaribe einzuberufen, um sämtliche Öllieferungen an Honduras einzustellen. Mit Blick auf die für November geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Honduras erklärte Chávez, diese könnten nicht anerkannt werden, wenn sie vor dem Hintergrund eines Staatsstreichs durchgeführt würden. Die Putschisten versuchten, Zeit zu gewinnen, aber eine Regierung, die aus von Putschisten kontrollierten Wahlen hervorgehe, könne nicht anerkannt werden.

Bei schönen Worten will es hingegen die US-Regierung belassen. Zwar verurteilte Außenministerin Hillary Clinton den Staatsstreich und forderte die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung in Honduras. Zugleich kündigte sie aber an, daß Washington nicht daran denke, die Wirtschaftshilfe für Honduras – also für die Putschisten – einzustellen, obwohl viele dieser Unterstützungsprogramme den Respekt demokratischer Normen zur Voraussetzung erklären.

Militärcoup gerechtfertigt

Für Empörung sorgte unterdessen ein Bericht, den die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung auf ihrer Homepage veröffentlichte. Unter der Überschrift »Zelaya – mehr Täter als Opfer« wird dort behauptet, die »trotzig-provokanten Reaktionen« Zelayas auf die Sabotage der für den vergangenen Sonntag geplanten Volksbefragung habe »dem Kongreß letztendlich keine andere Wahl (gelassen), sollte eine Rückkehr zu Rechtsstaat und zu Verfassungsmäßigkeit in Honduras garantiert werden«.

Erschienen am 1. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt