Putschisten gegen ALBA

Der von den Putschisten kontrollierte Kongreß von Honduras hat am Dienstag mit der Mehrheit von Liberalen und Nationalisten den Austritt des zentralamerikanischen Landes aus der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) beschlossen. Damit bestätigten die Abgeordneten, deren Mandat Ende des Monats ausläuft, ein entsprechendes Dekret von Putschpräsident Roberto Micheletti und hoben zugleich ihre eigene Entscheidung von 2008 auf, als dieselben Parlamentarier für den von Präsident Manuel Zelaya unterzeichneten Beitritt des Landes zu der auf Initiative Kubas und Venezuelas gegründeten Staatengemeinschaft gestimmt hatten. Gegen den Austritt des Landes votierten neben einem Abgeordneten der sozialdemokratischen PINU nur die Vertreter der linken Demokratischen Vereinigung (UD). Die erst am Vortag von der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin zurückgekehrte Silvia Ayala kritisierte im Namen ihrer Fraktion, die Leidtragenden dieser Entscheidung seien Tausende Menschen in Honduras, die mit Hilfe der Allianz medizinische Hilfe erhielten, Lernen konnten oder finanzielle Hilfen erhalten hatten, um sich eine Existenz aufbauen zu können. Zugleich wies sie die vom Regime als Begründung für den Austritt herangezogene Behauptung zurück, Venezuela habe das Abkommen über den Beitritt des Landes zu ALBA verletzt. Wäre dies so, gäbe es internationale Mechanismen, um eine Vertragsverletzung anzuzeigen. Diese habe das Regime jedoch nicht ergriffen. Bereits in ihrer Rede auf der Konferenz am vergangenen Sonnabend hatte Ayala betont, das honduranische Volk bleibe Teil der Bolivarischen Allianz, die nicht nur ein Bündnis zwischen Regierungen, sondern auch zwischen den Völkern der Region sei.
Wenig überrascht reagierten die Regierungen der übrigen ALBA-Länder auf den Beschluß des honduranischen Parlaments. Venezuelas Präsident Hugo Chávez erinnerte in einem Telefongespräch mit dem staatlichen Fernsehsender VTV daran, daß die Mitgliedschaft von Honduras in ALBA ebenso wie die in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bereits kurz nach dem Putsch suspendiert worden sei, weil beide Vereinigungen das an die Macht geputschte Regime nicht anerkennen. »Nicht nur aus ALBA, sondern auch aus der OAS hat das Putschistenregime dieses arme Volk getrieben«, bedauerte der Staatschef.

Die eigentlich ebenfalls für Dienstag vorgesehene Debatte über eine Amnestie für Straftaten im Zusammenhang mit dem Putsch vom vergangenen Juni wurde von den Abgeordneten hingegen zunächst vertagt. Der Fraktionschef der Nationalen Partei (PNH), Rodolfo Irías, kündigte an, daß die Frage der Straffreiheit erst von den neuen Abgeordneten diskutiert werde, die aus den international nicht anerkannten Wahlen vom 29. November hervorgegangen sind und deren Amtszeit Ende des Monats beginnt. Im neuen Parlament verfügt die PNH über eine satte Mehrheit der Mandate.

Die Nationale Widerstandsfront gegen den Putsch hat in einer Erklärung noch einmal ihre Ablehnung einer Amnestie unterstrichen. »Kein Vergeben, kein Vergessen für die Putschisten«, proklamierte das Bündnis von Gewerkschaften, linken Parteien und Basisorganisationen und forderte, den Verantwortlichen für den Staatsstreich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag den Prozeß zu machen.

Hintergrund der Verschiebung einer Entscheidung über die Amnestie für die Putschisten ist möglicherweise das Verfahren gegen die führenden Generäle des Landes, das die Staatsanwaltschaft Anfang des Jahres eingeleitet hatte. Der Oberste Gerichtshof in Tegucigalpa nahm am Montag die Anklage an und machte somit den Weg für einen Prozeß gegen die Militärs frei, die allerdings nicht wegen des Sturzes des rechtmäßigen Präsidenten, sondern nur wegen dessen Ausweisung nach Costa Rica angeklagt sind. Zelaya sieht deshalb in dem Verfahren den Versuch, die Generäle für vergleichsweise geringe Vergehen zu verurteilen, damit sie in den Genuß der Straffreiheit kommen können.

Erschienen am 14. Januar 2010 in der Tageszeitung junge Welt