Punktsieg für Sandinisten

Die Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) hat die Kommunalwahlen in Nicaragua klar gewonnen. Nach Auszählung von gut 86 Prozent der Stimmen konnte die Partei des Präsidenten Daniel Ortega 91 der 146 zur Wahl stehenden Lokalregierungen für sich entscheiden, vier mehr als bei der letzten Abstimmung 2004. Besondere Bedeutung hat der Erfolg des sandinistischen Kandidaten und früheren Boxchampions Alexis Argüello in der Hauptstadt Managua, der sich bei der Wahl des Bürgermeisters gegen den millionenschweren Bankunternehmer Eduardo Montealegre von der Liberalen Konstitutionalistischen Partei (PLC) durchsetzen konnte.

Auf der vom Obersten Wahlrat veröffentlichten Karte mit den Ergebnissen in den verschiedenen Provinzen Nicaraguas zeichnet sich eine Ost-West-Spaltung ab. Während sich die rechte Opposition hauptsächlich in den Regionen an der Atlantikküste durchsetzen konnte, gewannen die Sandinisten den Westen Nicaraguas, darunter die zweitgrößte Stadt des Landes, León.

In Managua kam es nach Bekanntwerden des sandinistischen Wahlsieges zu Ausschreitungen durch Anhänger der Opposition. Wie nicaraguanische Rundfunksender meldeten, zogen Mitglieder der PLC mit Steinen und Knüppeln bewaffnet durch die Straßen, verfolgten Menschen, die sie für Sandinisten hielten, und demolierten öffentliche Einrichtungen. Mindestens zwei Personen erlitten Schußverletzungen, während Meldungen vom Tod eines Menschen zunächst nicht bestätigt wurden.

Zuvor hatte der unterlegene Bürgermeisterkandidat Montealegre den Sieg Argüellos nicht anerkannt und von einem »massiven Betrug« gesprochen. Er habe mehr als 50 Prozent der Stimmen gewonnen, behauptete er und rief dazu auf, »die Stimme auf der Straße (zu) verteidigen«. Auch die FSLN-Abspaltung MRS (Sandinistische Erneuerungsbewegung), die den rechten Kandidaten unterstützt hatte, sprach von Wahlbetrug. Die MRS selbst war, ebenso wie die Konservative Partei, von der Wahlbehörde aus formalen Gründen von den Kommunalwahlen ausgeschlossen worden. Bei vergangenen Wahlen hatte sie – teilweise im Bündnis mit anderen Gruppierungen – zwischen einem und 8,5 Prozent der Stimmen erhalten.

Die Sandinisten reagierten ihrerseits mit Protestaktionen gegen die Ausschreitungen der Liberalen. Mehrere hundert Anhänger der FSLN attackierten am Montag abend (Ortszeit) mit Steinen den Parteisitz der PLC, wobei drei Menschen verletzt wurden. Die von der PLC herbeigerufene Polizei löste die Belagerung nach wenigen Minuten auf.

Sprecher der Wahlbehörde wiesen die Vorwürfe der Opposition zurück, und auch die 120 internationalen Wahlbeobachter konnten keine Unregelmäßigkeiten feststellen. »Während des gesamten Wahltages haben wir keine Vorkommnisse registriert, die einen Betrug belegen könnten«, sagte Eugenio Chicas, der die Abstimmung im Auftrag des Protokolls von Tikal beobachtete, einem vor 20 Jahren gegründeten Zusammenschluß der Wahlbehörden Mittelamerikas und der Karibik.

»Die Rechte kann nicht mit Würde verlieren«, kommentierte der internationale Sekretär der FSLN, Jacinto Suárez, die Ausschreitungen der PLC-Anhänger. Die Opposition habe von vornherein gewußt, daß sie diese Wahlen verlieren werde. Deshalb versuche sie nun gewaltsam, die Wahlen zu diskreditieren: »Es fällt ihnen sehr schwer zu akzeptieren, daß die FSLN fast hundert Rathäuser gewonnen hat, denn dann müßten sie akzeptieren, daß die FSLN eine umfassende Realität ist«, sagte er. Der Hauptfehler der PLC sei es gewesen, in Managua keinen lokalen Wahlkampf zu führen, sondern die Opposition unter dem Motto »Alle gegen Ortega« zu vereinen und einen nationalen Wahlkampf zu führen. Diese Konfrontation habe wohl dazu geführt, daß auch liberale Wähler für den sandinistischen Kandidaten gestimmt hätten, so Suárez.

Erschienen am 12. November 2008 in der Tageszeitung junge Welt