Paramilitärs verhaftet

In einem Exklusivinterview für die britische Tageszeitung The Guardian hat Venezuelas Präsident Nicolás Maduro US-Präsident Barack Obama direkt für die Lage durch gewaltsame Proteste der Opposition geprägte Lage in Venezuela verantwortlich gemacht. Washington nutze die Aktionen der Regierungsgegner, um »einen Putsch in Zeitlupe nach dem Muster der Ukraine« durchzuführen. Dadurch wollten die USA »die Hand auf das venezolanische Erdöl legen«. Zum Einsatz kommen dabei offenbar auch paramilitärische Gruppen und Drogenbanden aus Kolumbien. Am Dienstag informierte der venezolanische Innenminister Miguel Rodríguez Torres, daß zwei in den Grenzstaaten Táchira und Zulia festgenommene Personen Verbindungen mit diesen kriminellen Kräften sowie mit dem früheren kolumbianischen Staatschef Álvaro Uribe hätten. Dieser war von Caracas bereits mehrfach beschuldigt worden, Hintermann der »Guarimbas« genannten Aktionen mit Barrikaden und militanten Angriffen auf die Sicherheitskräfte zu sein. Im staatlichen Fernsehen VTV zeigte der Minister Fotos, auf denen einer der Verhafteten zu sehen ist, wie er Uribe die Hand schüttelt und wie er die Uniform einer paramilitärischen Gruppe trägt. »Luis Enrique García González wurde in Maracaibo mit gefälschten Papieren festgenommen, als er die Stadt verlassen wollte, nachdem er an einer Barrikade beobachtet wurde«, erläuterte Rodríguez Torres. Bei dem in San Cristóbal verhafteten Mann soll es sich um einen wegen Drogenhandels international gesuchten Kriminellen handeln. Das sei der Beleg dafür, daß »kolumbianische Söldner an den gewaltsamen Protesten beteiligt« seien, so der Minister.

 

Unterdessen haben sich wichtige Teile der Opposition zu Gesprächen mit der Regierung bereitgefunden. Am Dienstag (Ortszeit) kamen im Gebäude des venezolanischen Außenministeriums in Caracas führende Vertreter des »Tisches der demokratischen Einheit« (MUD) und Maduro erstmals zu direkten Gesprächen zusammen. Ermöglicht wurde dies durch die Anwesenheit der Außenminister von Ecuador, Kolumbien und Brasilien, die im Auftrag der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) vermitteln. Eine solche Mission hatte Maduro selbst beantragt, der seit Monaten immer wieder zum Dialog aufgerufen hatte. Wichtigstes Ergebnis der ersten Unterredung war, daß am heutigen Donnerstag mit einer öffentlichen Veranstaltung offiziell ein Dialog zwischen beiden Seiten eröffnet werden soll. Eine Liveübertragung im Fernsehen wird erwartet. Als offizieller Vermittler soll ein Repräsentant des Vatikan fungieren, kündigte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño an.

Für die intern zerstrittene Opposition hatten sich am Dienstag MUD-Exekutivsekretär Ramón Guillermo Aveledo, Omar Barboza von der Partei »Un Nuevo Tiempo« sowie der Gouverneur des Bundesstaates Lara, Henri Falcón, zu dem Treffen bereitgefunden. Auf stur schaltete hingegen die Protagonistin des radikalen Flügels der Regierungsgegner, María Corina Machado. »Nein zu einem Dialog ohne Bedingungen« erklärte sie über den Internetdienst Twitter: »Ich glaube an einen Dialog, der uns zur demokratischen Transition führt.«

Damit stellte sich die Politikerin gegen Aveledo, der auf der Homepage der MUD erklärte hatte, Gesprächsrahmen sei die Verfassung Venezuelas: »Das beste Gegengift gegen die Gewalt ist der Respekt für die Magna Charta durch alle.« Schon am vergangenen Montag hatte auch der Chef der sozialdemokratischen Oppositionspartei »Acción Democrática«, Henry Ramos Allup, Stellung gegen die von Machado verfochtene Strategie des Straßenkampfes bezogen. »Der politische Protest und seine Folgen der Repression, Gewalt und Guarimbas (Straßenblockaden) haben der Regierung letztlich einen riesigen Gefallen getan«, kritisierte er in der rechten Tageszeitung El Universal. »Wir haben keinen anderen Weg, als direkt mit der Regierung über die Probleme zu sprechen.« Er sieht sich damit in Übereinstimmung mit 84 Prozent der Venezolaner, die Umfragen zufolge für einen Dialog eintreten, aber »ich glaube, daß es radikalisierte Teile gibt, die die Möglichkeit eines direkten, ehrlichen und offenen Dialogs verhindern, weil dadurch ihre Agenda zerstört wird.«

Erschienen am 10. April 2014 in der Tageszeitung junge Welt