Papst der Gewerkschafter

Über Internet ist seit kurzem Radio Papa Francisco zu hören. Doch es ist kein klerikaler Missionssender, der sich hier nach dem amtierenden Oberhaupt der katholischen Kirche benannt hat. Eigentümer von Radio Papst Franziskus ist die argentinische Hafenarbeitergewerkschaft SOMU, die auf ihrer Homepage auch gleich stolz vermeldet, daß der für das Elendsviertel Villa de Retiro zuständige Priester Toto de Vedia die dort installierten Anlagen gesegnet habe.

 

SOMU-Chef Omar Suárez gehörte am Dienstag zu einer fast 30 Mitglieder zählenden Delegation der argentinischen Gewerkschaften, die im Vatikan vom Papst empfangen wurden. Es war, wie die in Buenos Aires erscheinende Tageszeitung La Nación, notierte, der erste institutionelle Besuch argentinischer Arbeitervertreter bei Franziskus, nachdem zuvor schon einzelne Gewerkschafter empfangen worden waren.

Der Kirchenchef gab den Arbeiterführern eine Botschaft mit auf den Weg. Sie sollten sich für die Einheit der Arbeiterbewegung und eine Wiedervereinigung der CGT einsetzen. Dieser traditionell peronistisch orientierte argentinische Gewerkschaftsbund ist in Gegner und Unterstützer der gegenwärtigen Regierung von Staatspräsidentin Cristina Fernández gespalten. Die Funktionäre seien für den »Frieden unter den Argentiniern« verantwortlich, so der selbst 1936 als Jorge Mario Bergoglio in Buenos Aires geborene Papst. Beeindruckt waren diese von dessen großer Bescheidenheit. Er habe sich sofort die Anrede »Eure Heiligkeit« verbeten: »Nennt mich Jorge, wie immer.«

Anfang Dezember will Franziskus auch den Chef der Beamtengewerkschaft von Uruguay, Pablo Cabrera, empfangen. Dieser werde am Wochenende nach Rom reisen, berichteten Medien des südamerikanischen Landes. »Wir denken, daß der Papst als Staatschef und als lateinamerikanischer politischer Führer Einfluß auf die Rechte der Arbeiter Lateinamerikas nehmen kann«, erläuterte Cabrera das Ziel seines Besuchs. Hintergrund seien einerseits die bevorstehende Gründung einer Lateinamerikanischen Konföderation der Staatsangestellten sowie andererseits die Zunahme der Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisationen in verschiedenen Ländern der Region.

Schon am 6. September hatte Franziskus den Präsidenten von Uruguay, José Mujica, im Vatikan zu Gast. »Wenn man ihn läßt, wird er in der Kirche eine Revolution anzetteln«, zeigte sich der einstige Guerillakämpfer von dem Kirchenmann beeindruckt. Sich mit diesem zu unterhalten sei »wie mit einem Freund aus der Nachbarschaft zu reden«.

Erschienen am 28. November 2013 in der Tageszeitung junge Welt