Noch mal unterschrieben

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und der oberste Comandante der FARC-Guerilla, Timoleón Jiménez alias Timochenko, der mit bürgerlichem Namen Rodrigo Londoño heißt, unterzeichneten am Donnerstag in Bogotá die überarbeitete Version ihres seit 2012 in Havanna ausgehandelten Friedensvertrages.

Schon am 26. September hatten Santos und Timochenko in Cartagena ein Abkommen unterschrieben. Dieses wurde jedoch am 2. Oktober in einem Referendum knapp abgelehnt. Diesmal soll der Vertrag deshalb nur durch das Parlament ratifiziert werden.

Nach dem Scheitern im Referendum hatten die Delegationen ihre Verhandlungen wieder aufgenommen und das Papier um eine Reihe von »Präzisierungen« ergänzt, die Forderungen der Gegner des Friedensprozesses aufgriffen. Dabei mussten die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) Verschlechterungen hinnehmen, um den Friedensprozess nicht völlig aufzugeben. So wird die Entschädigung der von ihrem Land vertriebenen Bauern erschwert, da die Enteignung von Grundstücken ausgeschlossen wurde. Damit schützt der neue Vertrag Großgrundbesitzer, die sich die von ihren regulären Besitzern verlassenen Böden angeeignet haben. Die von beiden Seiten vereinbarten Reformen, mit denen die sozialen Ursachen für den Krieg beseitigt werden sollten, stehen nun unter Haushaltsvorbehalt, können also unter Verweis auf fehlendes Geld verhindert werden.

Trotzdem geht der von Expräsident Álvaro Uribe geführten extremen Rechten Kolumbiens der Friedensvertrag noch immer zu weit. Das machten die 20 Senatoren von Uribes Partei »Demokratisches Zentrum« bereits am Donnerstag deutlich, als sie schon die Einberufung einer Sondersitzung des Parlaments verzögerten, indem sich jeder einzelne von ihnen zu Wort meldete. Den an Senatspräsident Mauricio Lizcano gerichteten Antrag zu dieser außerordentlichen Tagung hatten zuvor so viele Parlamentarier unterzeichnet, dass das Dokument die zahlreichen Unterschriften nicht fassen konnte.

Die beschlossenen Parlamentssitzungen beginnen am Dienstag, können sich jedoch über Tage hinziehen. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Semana scheint die Annahme des Abkommens sicher. Seine Umsetzung wird jedoch Monate in Anspruch nehmen. Es steht zu befürchten, dass die Gegner des Friedens versuchen werden, diese Zeit zu nutzen, um die Eingliederung der bisherigen Guerilla in das zivile Leben zu verhindern. Bereits in den vergangenen Wochen hat die Zahl der Anschläge auf Repräsentanten der legalen Linken, Gewerkschaften, Bauernvereinigungen und Menschenrechtsorganisationen deutlich zugenommen. Der Chefredakteur der kommunistischen Wochenzeitung Voz, Carlos Lozano, warnte deshalb vor wenigen Tagen vor einem »politischen Genozid« und rief die internationale Öffentlichkeit auf, den Friedensprozess weiter zu begleiten. Nur so könne eine Wiederholung der Ereignisse in den 80er Jahren verhindert werden, als bis zu 5.000 Mitglieder der Linkspartei Unión Patriótica (UP) ermordet wurden.

Erschienen am 26. November 2016 in der Tageszeitung junge Welt