Neu aufgestellt

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro geht mit einer neuen Mannschaft in das neue Jahr. Der Staatschef verkündete am Mittwoch (Ortszeit) in Caracas eine umfangreiche Kabinettsumbildung. »Wir brauchen eine neue Methode, damit alle Ankündigungen und alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden und die Genossen Minister mit ihrem Leben für die Erfüllung jedes Zieles garantieren«, setzte Maduro die Mess­latte für seine Mitstreiter hoch. Die Ressorts dürften nicht nur dem Namen nach »Ministerien der Volksmacht« sein, sondern müssten dies wirklich werden. »Allein das Volk besitzt die Weisheit, in jeder Phase zu wissen, was in Venezuela getan werden muss, denn das Volk ist die Avantgarde«, so der Staatschef. Bislang sei es jedoch nicht gelungen, die Ministerien wirklich zu Organen der Bevölkerung zu machen, räumte Maduro ein.

Die Umbesetzungen im Regierungsteam sind offenkundig eine Reaktion auf die von Pannen begleitete Einführung neuer Geldscheine im Dezember. Maduro hatte am 11. Dezember verkündet, dass die Banknoten mit dem bis dahin höchsten Nennwert von 100 Bolívares innerhalb von 72 Stunden aus dem Verkehr gezogen würden. Ersetzt werden sollten sie durch neue Scheine im Wert von 500 bis 20.000 Bolívares. Doch diese in Schweden gedruckten Noten waren zum Stichtag noch nicht in Venezuela angekommen. Maduro machte dafür eine »internationale Verschwörung« verantwortlich, während es wohl eher um Schlamperei der Zuständigen ging. Der für das Desaster verantwortliche Finanzminister Rodolfo Medina blieb nun auf der Strecke – und sein Ministerium gleich mit. Der studierte Ökonom Ramón Lobo soll künftig die Verantwortung für alle Angelegenheiten in Wirtschafts-, Finanz-, Industrie- und Handelsfragen übernehmen. Bisher waren diese auf verschiedene Ressorts aufgeteilt.

Neu im Kabinett ist auch Adán Chávez. Der ältere Bruder des 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez und bisherige Gouverneur von Barinas übernimmt das Kulturressort.

Strategisch bedeutender ist die Ernennung von Tareck El Aissami zum neuen Vizepräsidenten. Er löst Aristóbulo Istúriz ab, der künftig als Minister für die Kommunen und sozia­len Bewegungen zuständig sein soll. Sollte es in diesem Jahr zu einem Amtsenthebungsreferendum gegen Maduro kommen und der Staatschef gestürzt werden, würde somit El Aissami die Amtsgeschäfte bis zum regulären Ende der Legislaturperiode Anfang 2019 fortführen. Vorgezogene Neuwahlen sind nach der Verfassung in den letzten zwei Jahren vor dem regulären Abstimmungstermin ausgeschlossen.

Tareck El Aissami, der bisher Gouverneur des Bundesstaates Aragua war, gehört zur jüngeren Generation in der Staats- und Parteiführung. Auf seiner Homepage verweist er stolz darauf, dass sein Vater Carlos in linken Parteien aktiv gewesen sei und nach dem von Hugo Chávez geführten Putschversuch vom 4. Februar 1992 verhaftet wurde. 2008 bis 2012 amtierte El Aissami als Innenminister. In diese Zeit fielen die Gründung der Bolivarischen Nationalpolizei und eine Reihe spektakulärer Festnahmen international gesuchter Drogenbosse. Unter den Chavistas machte ihn das populär. Seine neue Funktion macht ihn auch längerfristig zu einem Anwärter auf die Nachfolge Maduros, sollte dieser aus dem Amt scheiden. Sein Vorgänger, der ebenfalls populäre, aber bereits 70 Jahre alte Istúriz, kam dafür kaum noch in Frage.

Auch in der venezolanischen Nationalversammlung dreht sich das Personalkarussell. Traditionell wird das Parlamentspräsidium in jedem Januar neu gewählt. Am Donnerstag (Ortszeit) sollte Julio Borges von der Rechtspartei Primero Justicia zum neuen Chef der Legislative gewählt werden. Er löst Henry Ramos Allup von der rechtsso­zialdemokratischen Acción Democrática ab, der sich im vergangenen Jahr einen monatelangen Machtkampf mit der Judikative geliefert hatte. Der Oberste Gerichtshof hatte alle Sitzungen des Parlaments für ungültig erklärt, weil zwei Oppositionspolitiker an den Abstimmungen beteiligt waren, deren Mandate die Richter nach Anfechtungen suspendiert hatten. Deshalb hält die Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) auch die Neuwahl des Parlamentspräsidiums für illegal.

Erschienen am 6. Januar 2017 in der Tageszeitung junge Welt und in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek