Mit »friedlicher Volksarmee« nach Honduras

Er wolle »in den nächsten Tagen« gemeinsam mit der aus seinen Anhängern gebildeten »friedlichen Volksarmee« erneut nach Honduras einreisen, um sein Amt in Tegucigalpa wieder zu übernehmen. Das kündigte der rechtmäßige honduranische Präsident Manuel Zelaya am Donnerstag in Ocotal an, ohne allerdings ein konkretes Datum zu nennen. Er habe dabei die Unterstützung des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega, der ihm das Grenzgebiet Nicaraguas zu Honduras zur Verfügung gestellt habe, um seine Rückkehr durchzusetzen, sagte Zelaya.

Das von den Putschisten kontrollierte Parlament in Tegucigalpa verschob unterdessen bei einer Sitzung am Donnerstag die Entscheidung über eine Amnestie für alle mit dem Putsch vom 28. Juni zusammenhängenden Ereignisse auf Montag. Straffreiheit sowohl für die Täter – die Putschisten – als auch für das Opfer – den rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya – sowie dessen Wiedereinsetzung als rechtmäßiger Präsident von Honduras sind die Kernbestandteile des vom costaricanischen Präsidenten Oscar Arias vorgelegten Vorschlags für eine Lösung des Konflikts.

Die Delegation Zelayas bei den Gesprächen in San José hatte den Vorschlag zunächst akzeptiert, während die Putschisten ihn ablehnten. Doch auch unter den Anhängern des gestürzten Präsidenten wächst die Kritik an den Details des »Arias-Plans«. So warnte der Staatsanwalt Jari Dixon Herrera am Freitag gegenüber dem lateinamerikanischen Nachrichtensender TeleSur: »Das Justizministerium und der Oberste Gerichtshof sind in der Hand der Putschisten.« Und: »Der Vorschlag (von Oscar Arias) für ein Abkommen von San José sieht eine Amnestie vor. Was wir dann hätten, wäre eine rein dekorative Figur im Präsidentenamt. Die Unterdrückung würde weitergehen, die Putschisten könnten in ihren Ämtern bleiben«.

Wie zur Bestätigung dieser Warnung sind Militär und Polizei am Donnerstag in Tegucigalpa mit bislang nicht gekannter Härte gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, die auf der legendären Fernverkehrsstraße Panamericana, die Tegucigalpa mit dem Norden des Landes verbindet, eine Straßenblockade errichtet hatten. »Das war heute die brutalste Unterdrückung, die wir bislang erlebt haben«, zeigte sich Juan Barahona von der Widerstandsbewegung entsetzt. »Sie unterdrücken das Volk, aber wenn sie glauben, daß sie uns damit einschüchtern können, täuschen sie sich. Der Widerstand geht weiter«, betonte Barahona, der selbst vorübergehend von der Polizei verhaftet worden war.

Seit Donnerstag gingen die »Cobras«, eine Aufstandsbekämpfungseinheit der honduranischen Polizei, gewaltsam gegen die friedlichen Demonstranten in Tegucigalpa vor. Augenzeugen berichteten, daß die Polizisten Tränengas einsetzten und auf alle Menschen einprügelten, die sich in ihrer Nähe befanden, darunter auch Kinder. 250 Demonstranten wurden verhaftet und unter Schlägen auf Polizeiwachen verschleppt. Durch einen Kopfschuß wurde der 38 Jahre alte Lehrer Roger Abraham Vallejo Soriano so schwer verletzt, daß er in akuter Lebensgefahr schwebte (bei jW-Redaktionsschluß).

Unterdessen haben die Entwicklungen in Honduras eine Wirkung, die von den Putschisten wohl nicht beabsichtigt wurde. In Chile forderte der Präsidentschaftskandidat der Linken, Jorge Arrate, bei den Wahlen am 13. Dezember eine »vierte Urne« einzurichten, damit die Chilenen über die Ausarbeitung einer neuen Verfassung abstimmen können. In dem südamerikanischen Land ist – trotz zahlreicher Änderungen – heute noch die Verfassung in Kraft, die inmitten der Pinochet-Diktatur 1980 erlassen wurde. Ein gleichlautender Vorschlag des Präsidenten Manuel Zelaya hatte in Honduras zu dem Putsch vom 28. Juni geführt.

Erschienen am 1. August 2009 in der Tageszeitung junge Welt