Maduro warnt vor Krieg

Venezuela hat der Regierung Kolumbiens vorgeworfen, einen Krieg zwischen den beiden Nachbarstaaten provozieren zu wollen. Bogotá bereite »mit der Fabrikation von gefälschten Beweisen einen Angriff vor«, warnte am Montag (Ortszeit) die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez. Staatschef Nicolás Maduro appellierte an die anderen Staaten Lateinamerikas und der Karibik, sich für den Frieden einzusetzen, und berief den Nationalen Verteidigungsrat ein. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Präsident für die an der Grenze zu Kolumbien stationierten Truppen die zweithöchste Alarmstufe »Orange« ausgerufen. Zugleich machte er in einer am Montag (Ortszeit) über alle Rundfunk- und Fernsehsender des Landes ausgestrahlten Ansprache deutlich: »Wir mischen uns bei niemandem ein, aber wir werden auch nicht erlauben, dass sie sich in die Angelegenheiten Venezuelas einmischen.«

Anlass für die Zuspitzung ist ein von der in Bogotá erscheinenden Wochenzeitschrift Semana in großer Aufmachung verbreiteter Bericht über Verbindungen zwischen Caracas und den kolumbianischen Guerillaorganisationen ELN und FARC-EP. Solche werden von der Regierung in Bogotá seit langem behauptet, das Blatt veröffentlichte in dem am Montag auch online erschienenen Beitrag nun Dokumente, die von den Streitkräften und anderen Diensten Venezuelas stammen sollen. Demnach hätten die Truppen Anweisung, auf venezolanischem Staatsgebiet befindliche Kämpfer der kolumbianischen Guerilla nicht zu attackieren, sondern sie vielmehr zu versorgen und zu unterstützen. Die Rede ist von »Abkommen«, die Caracas mit den »revolutionären Organisationen« geschlossen habe.

Kolumbiens Regierung nutzte die Vorlage der Wochenzeitschrift umgehend und forderte Washington auf, Venezuela auf die Liste von Staaten zu setzen, die »den Terrorismus unterstützen«. Der regierungsnahe Rundfunksender Blu Radio warf Venezuela am Dienstag vor, mit Hilfe »transnationaler krimineller Gruppen« Teile des kolumbianischen Staatsgebiets annektieren zu wollen.

Venezuelas Regierung wies die Vorwürfe dagegen sofort zurück. Admiral Remigio Ceballos, Chef des Strategischen Operationskommandos der venezolanischen Streitkräfte, unterstrich per Twitter, dass die Streitkräfte täglich gegen aus Kolumbien nach Venezuela eingedrungene Banden kämpfen. Er stellte ein in der Semana veröffentlichtes Dokument, das aus seinem Stab stammen soll, dem Original gegenüber und machte deutlich, wie es manipuliert wurde. Tatsächlich geht es in dem Telegramm um den Beitrag der Soldaten zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung in mehreren Bundesstaaten Venezuelas.

Noch am Montag (Ortszeit) nahm auch Informationsminister Jorge Rodríguez den Semana-Bericht auf einer Pressekonferenz detailliert auseinander. So habe die Zeitschrift ein Dokument veröffentlicht, das von der politischen Geheimpolizei Sebin stammen soll. Im Kopf trägt das Dokument allerdings den Namen des venezolanischen Innenministeriums – in veralteter Form. Zudem ist dieses Ministerium schon seit 2012 nicht mehr für die Sebin zuständig, der Dienst ist dem Amt der Vizepräsidentin zugeordnet. »Sie täuschen sich im Namen der Institutionen, setzen Wappen an Stellen, wo sie nichts zu suchen haben, verwenden Begriffe, die nicht benutzt werden, und verschiedene Schriftarten«, so Rodríguez. Semana verbreite »plumpe Lügen«.

Erschienen am 11. September 2019 in der Tageszeitung junge Welt