Madrid fördert Kapitalflucht

Per Dekret hat die spanische Regierung am Freitag eine Gesetzesänderung vorgenommen, durch die Unternehmen ihren Firmensitz auch ohne vorherige Zustimmung durch eine Aktionärsversammlung aus Katalonien weg verlegen können. Am Donnerstag hatte zunächst die Banc Sabadell angekündigt, nach Alacant (Alicante) umziehen zu wollen. Ein ähnlicher Schritt wurde am Freitag auch von der Caixabank erwartet. Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos begründete den Erlass mit einer entsprechenden Bitte von Unternehmern.

Der Vizepräsident und Wirtschaftsminister Kataloniens, Oriol Junqueras von der Republikanischen Linken (ERC), warf Madrid vor, auf die Banken Druck ausgeübt zu haben. Sein Parteifreund Gabriel Rufián schrieb auf Twitter: »Entweder ist der Prozess eine Sache der katalanischen Bourgeoisie, oder die katalanische Bourgeoisie ist entsetzt auf der Flucht. Beides zusammen geht nicht.« Insbesondere linke Kritiker werfen der Unabhängigkeitsbewegung häufig vor, ein Projekt des katalanischen Bürgertums zu sein, das lediglich bessere Geschäfte machen wolle.

Während der sozialdemokratisch orientierte Gewerkschaftsbund CUT die Verlegung der Banc Sabadell begrüßte, weil dies die »Anspannung der Beschäftigten« lindere, warnten die kleineren linken Dachverbände COS und Intersindical-CSC vor Arbeitsplatzverlusten und forderten den Aufbau eines öffentlichen katalanischen Kreditinstituts unter demokratischer Kontrolle. Die Linkspartei CUP rief zum Boykott der Banken auf, während dem Internetportal Nació Digital zufolge mehrere Gemeindevertretungen bereits ihre Konten bei der Banc Sabadell aufgelöst haben.

Unterdessen verzichtet die katalanische Regierung offenbar auf die für Montag vorgesehene Parlamentssitzung, die am Donnerstag auf Antrag der sozialdemokratischen Oppositionspartei PSC vom spanischen Verfassungsgericht verboten worden war. Statt dessen werde Ministerpräsident Carles Puigdemont »auf eigenen Wunsch« am Dienstag vor den Abgeordneten auftreten, meldete die Tageszeitung Ara auf ihrer Homepage. Auf diese Weise vermeidet der Regierungschef einen Bezug auf das von Madrid für illegal erklärte Referendumsgesetz. Dieses sieht vor, dass innerhalb von 48 Stunden nach der am Freitag erfolgten Verkündung des offiziellen Ergebnisses der Volksabstimmung vom 1. Oktober die Unabhängigkeit Kataloniens proklamiert werden soll.