Lynchmord in Lara

Die Zahl der im Zusammenhang mit den regierungsfeindlichen Protesten in Venezuela ums Leben gekommenen Menschen ist auf 60 gestiegen. Am Sonntag starb ein 20jähriger, der während einer Demonstration in Lechería im nordöstlichen Bundesstaat Anzoátegui verletzt worden war. Die Umstände sind unklar, die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.

In den Tagen zuvor war die Lage besonders im nordwestlich gelegenen Bundesstaat Lara eskaliert. Am Donnerstag starb in der Siedlung Valle Hondo in Cabudare, einem Vorort der Millionenstadt Barquisimeto, ein 33jähriger. Die Opposition wirft der Nationalgarde (GNB) vor, Manuel Sosa erschossen zu haben. Als er am Samstag beerdigt wurde, attackierten am Rande der Zeremonie Teilnehmer einen 34jährigen. Danny Subero hatte den Trauerzug beobachtet und Medienberichten zufolge Fotos von der Veranstaltung gemacht. Seine Angreifer hielten ihn deshalb für einen eingeschleusten Agenten. Als sie in seiner Tasche einen Ausweis der Nationalgarde entdeckten, steckten sie sein Motorrad in Brand und prügelten auf ihn ein. Subero, der vor anderthalb Jahren aus der Nationalgarde ausgeschieden war, erlag später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro verurteilte den Mord an Subero als Hassverbrechen. Man habe die Angreifer durch Foto- und Videoaufnahmen eindeutig identifiziert und werde sie zur Verantwortung ziehen. Er forderte den oppositionellen Gouverneur von Lara, Henri Falcón, auf, die faschistische Gewalt zu verurteilen. Dieser erklärte über Twitter, man bedaure den Tod Suberos und verurteile die Tat. »Die Eskalation der Gewalt im Land hat Ausmaße erreicht, die sehr beunruhigend sind, und sie muss zurückgewiesen werden, von wem auch immer sie ausgeht.« Offenbar sehen nicht alle in seiner eigenen Partei das so. Über ein Twitter-Konto von Falcóns Partei Avanzada Progresista wurde am Samstag verbreitet: »Valle Hondo – Nationalgarde 1:1. Warten wir ab, wer mehr aushält.«

Erschienen am 30. Mai 2017 in der Tageszeitung junge Welt