Kriegstreiber gestoppt

Mit ihrem Veto haben Rußland und China am Samstag im UN-Sicherheitsrat die Verabschiedung einer Resolution gegen die syrische Regierung verhindert und dadurch Wut und Empörung bei den westlichen Regierungen ausgelöst. Während in Syriens Hauptstadt Damaskus am Sonntag der staatlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge mehrere hundert Menschen vor den Botschaften der beiden Vetomächte feierten, jammerte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Rande der »Münchner Sicherheitskonferenz«, das sei »eine falsche Entscheidung« gegen die Menschen in Syrien gewesen. Seine US-Amtskollegin Hillary Clinton wetterte, es sei »unmöglich, mit Rußland konstruktiv zu arbeiten«.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies solche Vorwürfe zurück. Moskaus Haltung sei schon lange vor der Abstimmung in New York klar gewesen, betonte er am Sonntag am Rande der Tagung in München. Der Resolutionsentwurf habe zwar »sehr klar Forderungen an die Adresse des syrischen Regimes« enthalten, zugleich jedoch keinen klaren Bezug auf die im Land operierenden bewaffneten Oppositionsgruppen genommen, die die örtliche Bevölkerung drangsalierten und Regierungsgebäude attackierten. So habe die Resolution wie ein Kapitulationsaufruf an Damaskus geklungen. »Es ist schwer, sich vorzustellen, daß der Führer eines Landes die Macht an illegale bewaffnete Gruppen übergibt«, so der Minister. Er erinnerte an die Resolution 1973 zu Libyen, die der UN-Sicherheitsrat im vergangenen März bei Stimmenthaltung Moskaus und Pekings verabschiedet hatte. Diplomatisch verklausuliert kritisierte Lawrow, diese habe zum »übermäßigen Einsatz von Gewalt« durch die NATO geführt. »Deshalb widersetzt sich Rußland entschieden dem libyschen Szenario«, begründete Lawrow das jetzige Veto seiner Regierung.

Chinas UN-Botschafter Li Baodong kritisierte gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua, daß einige Mächte im Sicherheitsrat darauf bestanden hätten, die Resolution abzustimmen, obwohl die Differenzen klar gewesen seien. »Unter den gegenwärtigen Umständen Druck auf die syrische Regierung auszuüben oder das Ergebnis eines Dialogs vorwegnehmen oder eine Lösung aufzwingen zu wollen, trägt nicht dazu bei, das syrische Problem zu lösen, sondern könnte die Lage weiter verkomplizieren.«

In Caracas schlossen sich die Mitgliedsstaaten der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) bei ihrem Gipfeltreffen symbolisch dem russisch-chinesischen Veto an. Der Imperialismus sei nicht nur auf ökonomischem Gebiet, sondern auch ethisch und politisch »schizophren«, erklärte Venezuelas Präsident Hugo Chávez

Der staatliche Auslandsrundfunk Stimme Rußlands gab am Sonntag einen Artikel der arabischen Zeitung Asharq Alawsat wieder, die unter Berufung auf nicht genannte UN-Diplomaten über einen Deal zwischen Moskau und Washington berichtet hatte. Das russisch-chinesische Veto im Sicherheitsrat werde Moskau demnach genügend Zeit geben, den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad von der »Unvermeidlichkeit seines Rücktritts« zu überzeugen. Falls dies mißlinge, würden die USA dem Sicherheitsrat eine neue Resolution unterbreiten, gegen die Rußland dann keine Einsprüche anmelden werde. Als eine indirekte Bestätigung dieser Meldung wertet der Sender, daß Lawrow und der Leiter des russischen Auslandsnachrichtendienstes, Michail Fradkow, am Dienstag nach Damaskus reisen wollen, um mit Assad zu konferieren.

Erschienen am 6. Februar 2012 in der
Tageszeitung junge Welt