Keine Stimme für Guaidó

Venezuela hat am Montag turnusgemäß für einen Monat die Präsidentschaft der internationalen Abrüstungskonferenz in Genf übernommen. Was normalerweise reine Routine ist, führte in diesem Jahr zu einem diplomatischen Schlagabtausch, denn in den vergangenen vier Wochen hatten die USA die Leitung der Gespräche inne. Der nordamerikanische Botschafter Robert Wood hatte diese Zeit nicht nur für offene Angriffe unter anderem auf China und Russland genutzt, sondern wollte die Präsidentschaft auch noch einem Abgesandten des venezolanischen Putschisten Juan Guaidó zuschieben, den Washington als »Übergangspräsidenten« des südamerikanischen Landes anerkannt hatte.

Das Manöver ist am Widerstand einer Mehrheit der teilnehmenden Staaten gescheitert. Die Repräsentanten Chinas, Russlands, Südafrikas und anderer Länder stellten sich an die Seite der venezolanischen Delegation und forderten, die Verfahrensregeln der Konferenz einzuhalten. Russland warnte, dass das Austragen von zwischenstaatlichen Konflikten bei der Konferenz deren Arbeit gefährden werde. An der Legitimation der venezolanischen Delegation könne es keinen Zweifel geben. Auch China forderte, die Konferenz nicht mit Angelegenheiten zu politisieren, die nichts mit ihren Aufgaben zu tun hätten. Die Rechte aller Mitgliedsstaaten müssten respektiert werden, deshalb werde man auch weiterhin konstruktiv mitarbeiten. Vietnam, das am 24. Juni die Präsidentschaft von Venezuela übernehmen wird, verlangte ebenfalls, sich auf die wichtigen Aufgaben der Konferenz zu konzentrieren und »ungesunde Praktiken« aufzugeben. Alle Staaten müssten das Völkerrecht und die Prinzipien der UN-Charta respektieren.

Wie das UN-Büro in Genf mitteilte, hatten die Mitglieder der »Lima-Gruppe«, eines Zusammenschlusses rechtsgerichteter Regierungen des amerikanischen Kontinents, am vergangenen Mittwoch angekündigt, die Arbeit der Konferenz zu boykottieren, solange sie von »Repräsentanten des illegitimen Maduro-Regimes« geleitet werde. Auch US-Botschafter Wood unterstützte diese Haltung. Dagegen bekräftigte die Delegation Venezuelas, dass die Regierung von Präsident Nicolás Maduro rechtmäßig durch das Volk gewählt sei. Das habe die Mehrheit der Staaten der Welt sowie der UN-Generalsekretär auch anerkannt. Man verurteile den Versuch, die Konferenz zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedsstaates zu missbrauchen.

Erschienen am 28. Mai 2019 in der Tageszeitung junge Welt