Keine Einreise ohne Decknamen

Die australischen Behörden haben einen kanadischen Armeeveteranen festgenommen, der für die kurdischen »Volksverteidigungseinheiten« (YPG) gekämpft haben soll. Als Robert Somerville am Dienstag morgen am Flughafen von Brisbane landete, klickten die Handschellen. Sein Vater Richard, der im australischen Charters Towers lebt, wartete vergeblich auf den Sohn.

Wie der australische Rundfunk ABC am Mittwoch berichtete, wird Somerville zur Last gelegt, seinen Decknamen verschwiegen zu haben, den ihm die YPG gegeben hatten. »Im Feld ›Tragen Sie andere Namen als den oben genannten?‹ habe ich ›Nein‹ eingetragen, denn ich habe keine anderen offiziellen Namen, und ich habe meinen Namen auch nicht geändert, so dass es kein amtliches Dokument mit einem anderen Namen für mich gibt«, sagte er den Journalisten. Somer­villes Rechtsanwalt Jessie Smith glaubt nicht, dass das der eigentliche Grund für die Festnahme seines Mandanten ist. »Die Grundlage des Visumsentzugs ist derzeit unklar«, sagte er ABC. »Es könnte einen politischen Hintergrund haben.« Eine Klage gegen die Behörden wollte der Jurist nicht ausschließen. »Ein Team von Menschenrechtsanwälten untersucht den Fall gerade.« Auch Richard Somer­ville nannte das Vorgehen gegen seinen Sohn »lächerlich«. Australische Truppen seien Teil der Anti-IS-Koalition und flögen Bombenangriffe auf die Dschihadisten, »und dann kommen Leute wie mein Sohn, die das Gelände säubern und sicher machen, indem sie Minen räumen und sicherstellen, dass die Menschen ruhig in die Städte zurückkehren können«.

Die Beamten hätten ihn nach seiner Festnahme vor allem nach Ashley Dyball befragt, sagte Somerville dem ABC-Reporter. Der frühere YPG-Kämpfer aus Queensland war Ende vergangenen Jahres in Deutschland festgenommen und nach einem Gerichtsbeschluss in sein Heimatland ausgewiesen worden. In Melbourne war Dyball von der Polizei befragt, anschließend aber ohne Anklage auf freien Fuß gesetzt worden. In einem Interview sagte er, er habe in Syrien humanitäre Hilfe geleistet und sich an der Räumung von Landminen beteiligt.

Insgesamt kämpfen nach Angaben Canberras rund 110 Australier in Sy­rien und im Irak an der Seite »extremistischer Organisationen«, womit die Behörden sowohl den IS und andere Dschihadisten als auch die YPG umschreiben. Bis Dezember wurden 45 Australier in den Kriegsgebieten getötet. Als Reaktion darauf erließ das australische Parlament ein Gesetz, nach dem eigenen Staatsbürgern die Beteiligung an solchen Kampfeinsätzen verboten ist, sei es für oder gegen den IS.

Wie die kanadische National Post berichtete, gehörte Somerville 2009 und 2010 den kanadischen Truppen in Afghanistan an. 2015 habe er sich dann als Reaktion auf die Verbrechen des IS entschlossen, nach Syrien zu gehen, und sich den YPG angeschlossen. Anfang des Jahres sei er nach Thailand ausgereist und habe sich dort mit seinem Vater in Australien in Verbindung gesetzt, der ihn eingeladen habe, zu ihm zu kommen: »Ich hatte keine Ahnung, dass die Regierung ihn wie einen Verbrecher behandeln würde.«

Erschienen am 4. Februar 2016 in der Tageszeitung junge Welt