Investitionsberater des Tages: Shi Mingde

Geht es nach der Selbsteinschätzung von Regierenden und Leitmedien dieses unseres Landes, dann sind wir diejenigen, die den anderen sagen, wo es langgeht. Menschenrechte? Bei uns ist alles paletti, deshalb spielen wir anderswo so gerne den Lehrmeister. Sicherheit? Da sind wir doch ein echtes Beispiel für den Rest der Welt! Und Exportweltmeister sind wir auch – gewesen. Weil, den Platz haben uns die Chinesen inzwischen gemopst. Ist zwar nicht ganz so schlimm wie das Vorrundenaus bei der Fußballweltmeisterschaft, aber irgendwie doch auch ein Schlag ins Kontor.

Und jetzt mischen sich die Chinesen auch noch in die deutsche Leitkultur ein. Sollen wir wirklich aufhören, Menschen zu jagen und Wohnhäuser in Brand zu stecken?

In der Welt vom Donnerstag erschien ein Interview mit Chinas Botschafter in der Bundesrepublik, Shi Mingde. Danach gefragt, ob Rassismus und der Erfolg der AfD in der Volksrepublik ein Thema seien, antwortete er: »Auf jeden Fall.« Investoren fragten in der diplomatischen Vertretung regelmäßig nach, wo sie sich in Deutschland noch engagieren könnten: »Die treibt schon die Frage um, wo die Fremdenfeindlichkeit am stärksten ausgeprägt ist. Die Unternehmen wollen wissen, ob ihre Investitionen und ihre Mitarbeiter sicher sind.« Seine Antwort darauf sei »von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich«. Die rassistischen Übergriffe hätten das Bild von Deutschland »negativ beeinflusst«. Ziehen wir mal die diplomatische Höflichkeit ab, heißt das nichts anderes als: Ihr habt da echt Scheiße gebaut!

Mag sein, dass solche Worte des Vertreters einer Großmacht mehr bewirken als so manche Antifademo. Die Regierenden hierzulande haben oft genug gezeigt, dass ihnen die Menschen und deren Wohlergehen komplett egal sind. Aber wenn die braune Kacke so sehr zum Himmel stinkt, dass sie Investoren abschreckt, dann gibt es schon mal ein paar hygienische Maßnahmen.

Erschienen am 23. November 2018 in der Tageszeitung junge Welt